Klar, jeder erzählt mal dummes Zeug. Bei den einen ist es nur dumm, für die anderen gilt, was Polonius bei Hamlet zutreffend erkennt: „Und ist’s auch Wahnsinn, so hat es doch Methode“. Wolfgang Preuß war nur dumm, oder sagen wir: unberaten. Er hat Claus Kleber angezeigt. Der Moderator des „heute journals“ hatte einen Beitrag über das politische Klima in Altenburg anmoderiert mit einem Zitat: „Reporter notierten damals, dass in Schrebergärten schwarz-weiß-rote Reichsfahnen so präsent sind wie das Schwarz-Rot-Gold der Bundesrepublik“. Womöglich hat der schreibende Kollege damals ein wenig übertrieben, vielleicht hat er auch sehr übertrieben. Der reichsdeutsche Schrebergärtner passt so schön ins Bild. So schön wie die Nachricht von den Künstlern, die Altenburg wegen rassistischer Anfeindungen verlassen. Das war auch übertrieben, aber es passte auch so schön ins Bild. In das Bild einer Stadt, in der eine Bürgerinitiative zum Boykott des weltoffenen Theaters aufrief, ohne dass der Oberbürgermeister sich klar davon distanzierte – und das war tatsächlich so. Und sein Obergärtner Wolfgang Preuß ist tatsächlich ein wenig naiv.

Naiv und dumm ist Björn Höcke nicht. Oder nur auf eine gewisse Weise. Es ist nämlich ausgesprochen unclever, zu dementieren, etwas gesagt zu haben, wenn der, dem es gesagt wurde, das beweisen kann. Die Rede vor seinem Dresdener Jungvolk konnte er schlecht dementieren, das hätte er wohl auch nicht gewollt. Er baut nämlich seine Zukunft auf Sätze wie „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Und: „Wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. Diese Sätze sollten gehört werden, sie sprechen Leute an, die er ansprechen möchte. Das war so richtig mitreißend. Als es dann gärte und brodelte, räumte er vor seinen Leuten ein, er habe es „vergeigt“, habe sich von der „Bierzeltatmosphäre mitreißen“ lassen. Das ist falsch, denn er war es, der diese Atmosphäre erzeugt hat, indem er das Jungvolk unter die Waffen rief, beschwörend, raunend wie einst der Führer die Seinen. Und er hat es auch nicht vergeigt, er hat gesagt, was gehört werden sollte.

Und, einmal im Schwunge des Bierzeltes, hat er dem „Wall Street Journal“ gleich gezeigt, was das ist, die „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. „Wissen Sie“, sagte er dem amerikanischen Korrespondenten, „das große Problem ist, dass man Hitler als das absolut Böse darstellt. Wir wissen aber natürlich, dass es in der Geschichte kein Schwarz und kein Weiß gibt. Und dass es viele Grautöne gibt.“

Diesen Satz, gesagt über Adolf Hitler, fanden viele grauenvoll, der Autor auch. Und als dieser Satz die Runde machte in den deutschen Medien, da sprach der Mann, der wieder Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit in die Politik bringen will im Gespräch mit der rechten Zeitung „Junge Freiheit“ so: „Das habe ich so nicht gesagt. Das ist nicht meine Meinung.“ Das wiederum ärgerte den seriösen Kollegen des seriösen Blattes, und er holte den Mitschnitt des Gespräches aus dem Schreibtisch. Und siehe: Der ehrenwerte, der aufrichtige Herr Höcke hatte es genau so gesagt. Nun teilte Höcke mit: „In Zukunft werde ich Fragen von Journalisten abblocken, die mich in historische Themen verwickeln wollen, weil die Fragen nur aus Stigmatisierungsinteressen heraus erfolgen und nie aus Interesse an echtem Erkenntnisgewinn.“ Richtig, die Journalisten erwarten keine neuen Erkenntnisse über Hitler von Höcke. Richtig auch: Höcke weiß, dass seine Meinungen zu historischen Themen ihn disqualifizieren.

Der Reporter, das erhellt die Aufzeichnung, hatte mehrmals nachgefragt, ob Höcke das auch meine. Doch, es sei, antwortete Höcke, ausgeschlossen, „dass ein Mensch nur dunkel ist“. Auch der „schlimmste Schwerverbrecher hat vielleicht irgendetwas Gutes, irgendetwas Liebenswertes, aber er ist trotzdem ein Schwerverbrecher.“ Es ging ausdrücklich nicht um ein Gespräch um den Menschen an sich, das war die Antwort auf eine Frage zu Adolf Hitler. Der Journalist fragte danach, das hat eine Logik, nach dem Guten an oder in Hitler. „Ich habe jetzt nicht gesagt“, war die Antwort, „dass es etwas Gutes gibt, aber es ist ausgeschlossen, rein von der Logik her, also rein philosophisch gesehen ist es ausgeschlossen, dass ein Mensch nur dunkel ist“.

Und das ist es. Adolf Hitler, rein philosophisch gesehen. Was jenseits der Philosophie das Gute an Hitler war, erzählt er vielleicht ein anderes Mal, in einem anderen Bierzelt.

Wie gesagt, die einen sind nur dumm, bei den anderen hat es Methode.

Und ich finde Björn Höcke widerwärtig, rein philosophisch gesehen.

Henryk Goldberg in TA 12-03-2017

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