Henryk Goldberg kämpft gegen eine Diskriminierung

Endlich. Endlich haben wir nach dem Papst wieder eine wichtige Nachricht, die die Menschen trifft. Und zwar mitten ins Herz.

Heidi ist tot. Nein, nicht Heidi, die zarteste Versuchung, seitdem es die Alpen gibt, die treibt vermutlich noch immer Unzucht mit dem Alm-Öhi. Es ist Heidi, die Ratte. Die Beutelratte. Sie wurde im Leipziger Zoo eingeschläfert – das Alter.Es handelte sich, so ließen sie die Welt gestern wissen, um Bewegungsunlust und Arthrose. Der Autor betont an dieser Stelle seine tiefe Betroffenheit.

Allein der Umstand, dass die Einschläferung einer Ratte bundesweit kommuniziert wurde, belegt, dass es sich um eine bedeutende Persönlichkeit gehandelt haben muss. Heidi hatte 333.000 Freunde auf Facebook, auch gab es sie in Plüsch. Überdies galt sie als globale Filmexpertin, der TV-Sender ABC hatte sie als Tippgeberin für die Oscars engagiert. Und obwohl sie als Leipzigerin keine von uns Thüringern ist, hat sie als weltberühmte Mitteldeutsche doch hier einen Platz verdient.

Das eigentlich Herausragende an ihr aber war dies: Sie schielte. Was heißt, sie haben Heidis Silberblick versilbert. Und da müssen wir uns doch sehr wundern. Ist diese Gesellschaft noch immer so wenig humanisiert, dass sie Kapital schlägt aus dem körperlichen Gebrechen eines Mitgeschöpfes!? Das hätten wir doch gern hinterfragt, rattenscharf.

Henryk Goldberg in Thüringer Allgemeine, 29.09.2011