Eine Sommer-Werkschau zu Ehren des berühmten Kameramanns Thomas Mauch im Berliner Bundesplatz-Kino

Es sind die ganz großen Namen der bundesdeutschen Filmgeschichte, die in einem Atemzug mit den Arbeiten des Kameramanns und Filmemachers Thomas Mauch genannt werden müssen: Edgar Reitz, Werner Herzog, Alexander Kluge und allen voran, Werner Schroeter. Für „Nel Regno Di Napoli / Neapolitanische Geschwister“ (I / D 1978) ein Film, der auch nach fast 40 Jahren nichts von seiner einzigartigen Kunstfertigkeit eingebüßt hat, erhielt Thomas Mauch damals den Bundesfilmpreis. Die erste große Ehrung, das Filmband in Gold, wurde ihm bereits 1973 zuteil, für „Aguirre, der Zorn Gottes“. Mit Werner Herzog und Klaus Kinski – „die einzig unerfreuliche Erinnerung in meinem Leben“ – drehte er etwas später den vielleicht sensationellsten Film der 1980er Jahre „Fitzcarraldo“. In viereinhalbjähriger Drehzeit, unter gleichermaßen abenteuerlichen wie lebensgefährlichen Bedingungen (es gab Tote und viele Verletzte. Auch Mauch selbst kam zu Schaden, als ihm eine 24 Kilo schwere Kamera während eines Sturzes die Hand spaltete) entstand die Geschichte um „Fitzcarraldo“, der von dem Plan besessen war ein riesiges Schiff durch den brasilianischen Urwald zu ziehen. Der bewusste Einsatz der Handkamera, wenige Schwenks und lange Einstellungen fingen die Atmosphäre des Dschungels und den Wahnsinn des Protagonisten ein. Scheitern und Untergang atemberaubend zu bebildern, darin waren sich Herzog und Mauch einig, und das alles ohne Tricks und weit entfernt von digitaler Filmbearbeitung und teuren Techniken, wie sie etwa 15 Jahre später James Cameron für „Titanic“ (USA, 1997) zur Verfügung standen.

Thomas Mauchs Filmkarriere begann mit Edgar Reitz in den späten 1950er Jahren, es folgte die Zusammenarbeit mit Alexander Kluge, beispielsweise in „Abschied von gestern“ (1966) und in „ Die Artisten (1967)in der Zirkuskuppel: Ratlos“ (1967), oder – wie schon erwähnt – mit Werner Schroeter, dessen „Palermo oder Wolfsburg“ (Kamera: Thomas Mauch) 1980 mit dem goldenen Berlinale-Bär ausgezeichnet wurde.

Aber auch an die bekanntesten bundesdeutschen Filmemacherinnen dieser Zeit muss erinnert werden. Sie brachten erstmalig eine neue feministische Perspektive ins Kino, und Mauch fand hierfür die entsprechenden Kamerabilder. Erwähnt seien in diesem Zusammenhang beispielsweise Pia Frankenberg „Der Anschlag“ (1983/84) oder Ula Stöckls „Erikas Leidenschaften“ (1976), ein bissiger Beziehungsfilm, sowie „Unter dem Pflaster liegt der Strand“ (1975), ein Film über die Nachwirkungen der 68er Studentenbewegung aus Sicht von Helma Sanders-Brahms. Mit ihr zusammen entstand auch „Shirins Hochzeit“ (1976), einer der ersten aus türkischer Sicht erzählten deutschen Filme mit Jürgen Prochnow und Aras Ören.

Der dritte Bundesfilmpreis in Gold für Tomas Mauch folgte 1989 für „Wallers letzter Gang“ (R.: Christian Wagner), über die Lebensgeschichte eines Bahn-Streckengehers im Allgäu. Sechs weitere Filme haben die beiden zusammen produziert, zum Teil unter schwersten Bedingungen, wie „Transatlantis“ (1990), ein Film der im Himalaya auf über 5000 Höhenmetern gedreht wurde. Christian Wagner bestätigt, was schon Werner Herzog an Mauch schätzte „Ein Kameramann, der voll da ist – mit dem man immer aufs Ganze gehen kann!“

Das Berliner Bundesplatz Kino, welches sich immer wieder durch ambitionierte Themenschwerpunkte wohltuend aus der Einheitssauce der sogenannten Arthouse-Kinos hervorhebt, ehrt den großen Kameramann des Neuen Deutschen Films bis zum 9. Juli anlässlich seines 80. Geburtstags mit einer Werkschau, die einen Ausschnitt aus dem breiten Oeuvre zeigt. Eine seltene Gelegenheit sowohl Meilensteine des bundesdeutschen Kinos (erneut) zu sehen, als auch mit Thomas Mauch selbst ins Gespräch zukommen.

Daniela Kloock

Magazinbeitrag von Alexander Kluge 

Bild © Wagner Film

aus „Wallers letzter Gang“ | D 1988 | Regie und Drehbuch Christian Wagner | Kamera Thomas Mauch