Filme im PANORAMA der BERLINALE 2017

„God´s Own Country“ ist kein britischer Aufguss von Ang Lees oscargekröntem „Brokeback Mountain“(2005). Wenngleich einiges – und nicht nur die Änlichkeit der Nach-Namen der Regisseure – an den us-amerikanischen Vorgänger erinnert. In beiden Filmen geht es um eine schwule Liebe, die sich in der Einsamkeit einer unwirtlichen Natur entspinnt. Francis Lees Langfilmdebut setzt sich jedoch deutlich von seinem Vorgänger ab, vor allem auch deshalb weil spürbar ist, dass es sich hier um einen sehr persönlichen, teilweise biografischen Film handelt. Wie bereits in mehreren seiner Kurzfilme so schafft er es auch hier das ländliche Leben, die schwere alltägliche Arbeit auf einer kleinen existenzbedrohten Farm in Yorkshire, in eindringlichen Bildern zu zeigen. Die Szenen, in denen es um Vieh- und Schafzucht, um Geburten, Krankheiten und Schlachtungen der Tiere geht sind derart präzise und authentisch, wie es nur demjenigen gelingen kann, der aus eigener Erfahrung erzählt. Das Landleben ist eben nicht pittoresk, still und gemütlich, sondern beinhart. Vor oder besser mit diesem Hintergrund entwickelt sich die Geschichte.

Johnny ist der unglückliche Protagonist. Er führt ein einsames und perspektivloses Leben. Er muß die Farm, auf der er mit dem schwerkranken Vater und der schmallippigen Großmutter lebt, allein bestellen. Wenige Szenen machen deutlich wie sich sein Alltag anfühlt. Abends betrinkt er sich im lokalen Pub, bei Gelegenheit hat er unverbindlichen Sex mit einem andern jungen Mann. Doch dann taucht Gheorghe auf, der Fremde aus Rumänien. Er soll für einige Wochen aushelfen und stellt sich zur Überraschung des Vaters sehr gut an. Jonny reagiert offen aggressiv auf die neue Situation, bis die beiden losziehen um weit entfernt von der Farm einige Tage lang Steinwälle zu reparieren und die Jungschafe zu versorgen. Wie Jonny nach und nach seine Schroffheit und Verzweiflung verliert, durch Gheorghe die Welt mit anderen Augen zu sehen beginnt, sich öffnet – und nicht nur einem ihm bisher unbekannten sexuellen Erleben – ist einfach großartig erzählt und dargestellt. Regie, Schauspieler, Kamera, Schnitt und auch der auffallend durchkomponierte Ton, der die Atmosphäre des ganzen Films mitbestimmt, die rare Musik und nicht zuletzt die äußerst knappen, gekonnten Dialoge, alles zusammen ergibt ein Kinoerlebnis der seltenen Sorte. Zurecht erhielt Francis Lee beim diesjährigen Sundance Festival hierfür den großen Preis für Regie.

Daniela Kloock

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God´s Own Country 

Regie: Francis Lee

Kamera: Joshua James Richards

Darsteller: Josh O Connor, Alec Secareanu, Ian Hart, Gemma Jones

Bild oben:. God’s Own Country von: Francis Lee | GBR 2017 | Alec Secareanu, Josh O’Connor | © Dales Productions Limited/The British Film Institute 2017