Ein Juwelendieb hat Pech. Bei einem Einbruch wird er von einer trickreichen SafeSicherung mit Katzenpisse besprüht, von einer Videokamera aufgenommen, durch eine Falltür in den Keller geschleudert und dort von einem Dobermann ins Bein gebissen. Außerdem hat sich der alte Trunkenbold von Partner mit dem Fluchtauto aus dem Staub gemacht. Schlimmer kann es nicht kommen, oder?

Das Ehepaar Caroline und Lloyd Chasseur haben eine ihrer Sitzungen beim Eheberater Dr. Wong und versuchen, einander in allen Arten von Bösartigkeiten zu überbieten. Der Streit geht auch noch bei der Heimfahrt weiter, das ist offenbar schon lange so. Es ist Weihnachten, und bald wird die Schwiegermutter und der Rest des Clans zum traditionellen Familientreffen eintreffen. Schlimmer kann es nicht kommen, oder?

Wie man’s nimmt: der Juwelendieb Gus nimmt ausgerechnet diese beiden hasserfüllten Dauerstreiter als Geiseln und versucht, es sich in ihrem Haus einigermaßen einzurichten, bis der Partner mit einer neuen Fluchtmöglichkeit kommt. Aber nicht einmal eine vorgehaltene Pistole kann Caroline und Lloyd von der Fortsetzung ihres Ehekrieges abhalten. Das ist die Grundidee, und die ist gut; das dramaturgische Beiwerk – solides Handwerk: Der Sohn, der als Erpresser und Dieb eine vielversprechende kriminelle Karriere begonnen hat, kommt von der Kadettenakademie nach Hause; ein sturzbetrunkener Weihnachtsmann taucht an den Sollbruchstellen der Intrige auf; Schwägerin Conny, ihr Mann Gary und ihre überfütterten Kinder sowie die herrschsüchtige Schwiegermutter zwingen Gus, in die Rolle des Eheberaters zu schlüpfen, der das Paar in kritischer Phase begleiten muss.,Sie sehen nicht sehr nach Wong aus“, zweifelt die Schwiegermutter, lässt sich dann aber doch bei Tisch mit dem mysteriösen Mr. Wong zu einem Gespräch über die unkonventionellen Methoden der Eheberatung herab, wobei die hohe Kunst der sprachlichen Entgleisung geübt wird. Während sich eine Anzahl reichlich trotteliger Polizisten auf der Suche nach dem Einbrecher abmühten, tritt die Familienkatastrophe, beschleunigt durch eine Menge Rotwein, die Caroline planvoll in sich hineingießt, in die heiße Phase. Die Schwiegermutter, als eigentliches Monstrum entlarvt, wird gefesselt, der Weihnachtsmann bekommt einen Kinnhaken, die Flucht gelingt, und nach dem reinigenden Gewitter sitzen sich Caroline und Lloyd für einen Augenblick gegenüber, ohne einander zu beschimpfen.

Soweit die durchaus tragfähige Storykonstruktion für eine mit Slapstick-Elementen angereicherte Dialogkomödie über den Untergang der amerikanischen Kleinbürgerfamilie. Auch die visuelle Konzeption des Films ist passabel: Die liebevoll geschmacklose Dekoration wird von der Kamera immer mehr in ihrer klaustrophoben Bedrohlichkeit entdeckt; von Szene zu Szene im Haus der Chasseurs bekommen wir mehr und mehr die Enge dieses Lebensraumes zu spüren. Wie die Chasseurs und wie Gus, so meinen auch wir in einer Falle zu sitzen, die ganze Peinlichkeit solcher unfreiwilligen Zeugenschaft von Ehe- und Familienkrächen nur ertragend, indem wir uns mit dem hilflos um Ordnung und Fassung in diesem Chaos ringenden Gus identifizieren und auf eine Fluchtmöglichkeit hoffen. Ein bisschen Schadenfreude mag sich hier und da wohl in das komische Entsetzen mischen. Aber nur ein bisschen, denn dieses Entsetzen ist nur allzu vertraut. Daß er im Schlamassel sitzt, erkennt Gus schon nach wenigen Momenten des Gezänks: „I kidnapped my parents!“.

Zu den besten Regie-Einfällen gehört es, das qualvolle Weihnachtsmenü auf „schwedische Art“ stattfinden zu lassen, das heißt, alle Beteiligten müssen Kränze mit brennenden Kerzen auf dem Kopf tragen und verlieren dabei noch einmal ihre Beweglichkeit (von der Würde mal ganz zu schweigen). Gus, ein eher moralischer als krimineller Einbrecher, der es natürlich nur auf die Reichen abgesehen hat, bewundert einmal einen echten Chagall an der Wand und ärgert sich darüber, dass Leute wie die Chasseurs mit solcher Schönheit gar nichts anfangen können. Aber nach und nach lernen wir doch auch verschüttete Träume, die vergebenen Chancen der beiden kennen, wir ahnen doch auch, daß aus dieser Beziehung etwas ganz anderes hätte werden können. Der Film horcht, sorgfältiger als es für das bloße Funktionieren der Komödie nötig wäre, auf das, was hinter dem enervierenden Dauerclinch dieser Szenen einer Ehe zu erkennen ist, das verfehlte Leben in einem sozialen Stand, der seinen kulturellen Ort verloren hat. Daß dann vor allem der Schwiegermutter die Schuld zugewiesen wird, ist aber doch wieder reichlich trivial und sehr amerikanisch: Das Leiden der Welt entstammt da noch allemal dem Umstand, dass der Mann im Schatten der bösen Mutterglucke steht, die eigentlich alle anderen Beziehungen unterbinden will.

Das ansonsten vergnügliche Unternehmen, das so sehr von versteckten Harmonieangeboten wimmelt, daß man es kaum als wirklich böse empfinden kann, leidet indes ein wenig unter der Durchsichtigkeit seiner dramaturgischen Konstruktion. Ted Demme, der mit dem Schauspieler Denis Leary schon bei seiner TV-Show zusammengearbeitet hat, läßt vom Blatt spielen und verläßt sich auf die funktionierenden Zutaten seines Films, von der Besetzung bis zum Musical Score, von der Kamera bis zur Set Decoration. So ist man amüsiert und zugleich ein klein wenig gelangweilt, weil der Film an keiner Stelle wagt, die Konvention des cineastisch verschärften Boulevard-Theaters zu überschreiten.

Autor: Georg Seeßlen

Text veröffentlicht  in epd film