Die Erfindung des Vibrators als Komödienstoff? Der geübte Kinogänger erwartet Deftiges, wenn nicht gar Zotiges und geht mit Skepsis in den Film. Die, das ist rasch klar, muss nicht sein. Es gilt eine handfeste Komödie zu belachen, die sich erfreulicherweise konsequent innerhalb des Grenzen des guten Geschmacks bewegt.

Noch heute soll es ja tumbe Toren geben, die der Meinung sind, dass weibliche Nervenleiden am besten durch Sex zu heilen sind. Noch im 19. Jahrhundert glaubten sogar Mediziner solchen Quatsch. Zwei davon zeigt der launige Film als Männer der Tat. Heißt: sexuelle Stimulierung der Patientinnen ist das A und O. Ganz züchtig, versteht sich. Im spätviktorianischen London, so um 1880, hat sich Dr. Robert Dalrymple (Jonathan Pryce) darauf spezialisiert. Weil ihm die Damen nur so zufliegen, holt er sich Unterstützung in Gestalt des jungen, zudem sehr attraktiven Arztes Mortimer Granville (Hugh Dancy). Was den Klientinnen gut tut, führt bei den beiden Herren zu Muskelverkrampfung in den Händen und den Unterarmen. Hilfe kriegen die zwei Quacksalber von Edmund St. John-Smythe (Rupert Everett). Er bastelt ihnen ein Gerät, das im Laufe der Zeit unter dem Begriff „Vibrator“ eine Weltkarriere machen wird.

Die neckische, erstaunlich mit Spannung aufgeladene Story um die Erfindung des noch immer als leicht anrüchig geltenden „Luststabes“ erweist sich also als famose und sehr elegante Komödie, die mit intelligentem Witz brilliert. Die locker auf Tatsachen beruhende Erzählung wird von Regisseurin Tanya Wexler pointiert und elegant serviert. Charme und Leichtigkeit der Inszenierung bannen alle Gefahr, das deftige Geschehen in die Untiefen des Schmuddeligen abgleiten zu lassen. Dafür sorgt schon die clever gestrickte Geschichte, die Mortimer durch die Begegnung mit Dalrymples Töchtern Charlotte (Maggie Gyllenhaal) und Emily (Felicity Jones) Schrecken und Schönheit der Liebe erfahren lässt. Ganz nebenbei und angenehm leichtfüßig wird übrigens ein überaus kritisches Bild der sozialen Realität zur Zeit der Handlung entworfen. Spätestens da wird dann auch dem letzten Altvorderen lachend und schmunzelnd klar, dass es nicht die Frauen waren, die es zu behandeln galt, sondern die das Leben mit dumpfem Machogehabe beherrschenden Männer. Die luftige Atmosphäre des manchmal überdrehten, oft erfrischend leisen Films lebt natürlich auch wesentlich von den Schauspielern. Vor allem Maggie Gyllenhaal und Hugh Dancy lassen es krachen und knistern, dass es eine wahre Lust ist. Jonathan Pryce und Rupert Everett sorgen daneben für viele urkomische Momente.

Das fröhliche Augenzwinkern, mit dem hier einer der Anfänge der sexuellen Befreiung der Frau in Westeuropa und in den USA beleuchtet wird, wirkt erfrischend. Ganz nebenbei wird damit im besten Sinn Aufklärung betrieben, ohne dass dies auch nur ein einziges Mal schulmeisterlich wirkt. Lebensprall und überraschungsreich entwickelt sich so ein Gute-Laune-Film, der überaus gewitzt die Lust am Lieben und anderen wunderbaren Tollheiten feiert. Kein Meisterwerk erotischer Kunst, aber kluge Unterhaltung für Zuschauer mit Grips.

Peter Claus

In guten Händen, von Tanya Wexler (Großbritannien 2011)

Bilder: Senator