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Vor einigen Wochen veröffentlichte die Berliner Autorin Susanne Kippenberger ihr jüngstes Buch, „Das rote Schaf der Familie“, die Biografie von Jessica Mitford. In dem aboslut empfehlenswerten Buch, das sich zu einer spannenden Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts weitet, und das man kaum aus der Hand legen möchte, wird nebenbei auch vom Kampf für die Gleichheit von Schwarz und Weiß in den USA der 1960er Jahre berichtet. Auf relativ wenigen Seiten führt Kippenberger die Leser mitten ins Geschehen und vermittelt neben vielen Fakten einen geradezu sinnlichen Einstieg in das Thema.

Genau das gelingt diesem Film nicht. Die Geschichte der legendären Demonstrationen in der Stadt Selma in Alabama erweist sich in dieser Kino-Erzählung als langweilig und eindimensional. Und das liegt nicht am Stoff, nicht an den Akteuren, sondern allein an der Gestaltung. Sie ist bieder und überraschungsarm. Die Verbindung von Persönlichem und Politischem bleibt arg plakativ. Das mag für Menschen, die sich mit der Zeitgeschichte noch nicht auseinandergesetzt haben, einen leichten Einstieg ins Thema bietet, doch es reißt nicht mir. Fallstrick: Es ist nicht der Film, der Emotionen auslöst, es ist das Wissen, dass die skizzierten Ereignisse in all ihrer Brutalität tatsächlich stattgefunden haben. Dieses Wissen aber wird in anderen Filmen und Büchern sehr viel wirkungsvoller vermittelt.

In den USA, dem Heimatland der so genannten Political Correctness, gab es eine heftige Diskussion, warum der Film lediglich zwei „Oscar“-Nominierungen erhalten hat. Den Academy-Mitgliedern wurde sofort Rassismus unterstellt. Was totaler Blödsinn ist. Der Film hat, wenn überhaupt, allenfalls diese zwei Nominierungen verdient.

Peter Claus

Selma, von Ava DuVernay (USA 2014)

Bilder: Studiocanal