Die Deportation Tausender französischer Juden – Kinder und Greise, Frauen und Männer – im Jahr 1942 wurde in Frankreich über Jahrzehnte verdrängt. In den letzten Jahren jedoch gab es einige Versuche, das Thema öffentlich zu diskutieren, sich mit der Schuld der Nicht-Juden auseinanderzusetzen. Vor allem Literatur und Kino waren und sind engagiert.
Regisseur Gilles Paquet-Brenner legt mit dieser Romanadaption ein durch Schlichtheit überzeugendes, fesselndes, ja, erschütterndes Werk vor. Erzählt wird die Geschichte der halbwüchsigen Sarah (Mélusine Mayance), die mit ihren Eltern und ihrem Bruder in das Netz der faschistischen Gewalt gerät. Beleuchtet wird das aus der Gegenwart, durch die Bemühungen einer US-amerikanischen Journalistin (Kristin Scott Thomas). Sie sucht nach der Wahrheit – und muss schmerzlich erfahren, dass es keine Wahrheit gibt.
Die kluge Verknüpfung der Zeitebenen macht diesen Film zu einem besonderem, der durch seine emotionale Kraft jede Gefahr von Sentimentalität oder gar Kitsch bannt. Wohl am Wesentlichsten jedoch ist seine weit über eine Auseinandersetzung mit „französischer Schuld“ hinaus weisende Betrachtung des Unbegreiflichen. So ist dies einer dieser Filme, die einen hoffen lassen, dass jene, die das Gestern verdrängen wollen oder gar leugnen, endlich verstummen.
Mélusine Mayance und Kristin Scott Thomas unterstützen die offenkundigen Intentionen des Films durch ihr Spiel. Nicht eine Szene wirkt überzogen, nicht ein Moment konstruiert. Das ist auch diesen beiden Aktricen zu danken.
Natürlich: Dies ist ein altmodischer Film, nicht hitverdächtig, nicht im Trend, wie er 2009 von „Inglourious Basterds“ losgetreten wurde. Gerade darum: Nicht versäumen!
Peter Claus
Sarahs Schlüssel, von Gilles Paquet-Brenner (Frankreich 2010)
Bilder: Camino (Filmagentinnen)
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