ZDF, 24. Dezember 2010, 17 Uhr

Als Höhepunkt des Fernsehjahres gilt in Deutschland die Weihnachtsfeier des Bundespräsidenten, seit 15 Jahren ausgerichtet vom Zweiten Deutschen Fernsehen. Nach dem schimpflichen Ende Horst Köhlers schien zunächst unklar, wie es mit der schönen Sendung weitergehen würde, doch ein Blick in die Fernsehzeitschriften beweist: Auch der neue Präsident wird am Heiligen Abend, pünktlich 17 Uhr, im ZDF Bescherung feiern.

Ort der Handlung ist dieses Mal die Berliner Nicolaikirche. Damit alles seine Richtigkeit hat, wird ein Mann den Regiestab führen, der schon das Vertrauen Horst Köhlers besaß: Kai von Kotze, Kennern als Regisseur von „Aktenzeichen XY … ungelöst“ ein Begriff.

2002 schenkte uns v. Kotze „eine Brandenburgische Weihnacht mit dem Bundespräsidenten“, meines Wissens sein Einstand und eine Sternstunde des Fernsehens, der er – im noblen Jahresrhythmus – sieben weitere folgen ließ, die nicht nur Anhängern der Parlamentarischen Demokratie viel Spaß und Freude bereiteten: 2003 „eine  Nordrhein-Westfälische“, dann  „eine Saarländische“, „eine Sachsen-Anhaltinische“, „eine Rheinland-Pfälzische“, „eine Hamburgische“, „eine Niedersächsische“ und schließlich „eine Bremische Weihnacht mit dem Bundespräsidenten“.

Die von Spöttern bereits prophezeite Trennung von Kotze, Kirche und Staat steht bis auf weiteres nicht ins Haus, wenn auch unklar ist, ob Christian Wulff das Weihnachtsevangelium nach Lukas – wie sein Vorgänger das tat – persönlich vortragen wird. Zweifel sind erlaubt, denn Jan Josef Liefers hat sich angekündigt, um eine Weihnachtsgeschichte vorzulesen. Dabei könnte es sich um eins der drei Weihnachtsevangelien handeln, wahrscheinlich steckt aber nur der übliche Ramsch von Lagerlöf, Lindgren und Co. dahinter. Es könnte trotzdem schön werden, denn vielleicht hat Liefers seine Frau Anna Loos dabei. Die hatte bei der letzten  Bambi-Verleihung einen hübschen Auftritt, und wer weiß, vielleicht trägt sie ja auch in der Nikolaikirche eine Kleinigkeit vor?

„Hallolollöchenhallo“: Anna Loos als Laudatorin


Liefers & Loos, kürzlich zum „Couple of the Year“ gekürt, gelten in der Branche als untrennbar, hauptsächlich, weil sich ihre Liaison einer gemeinsamen Leidenschaft verdankt: der unverbrüchlichen Liebe zum Ostrock.

Unter Ostrock verstehen Fachleute die niedrigste Lebensform elektrisch verstärkter Musik. Doch auch diese Musik hat ihre Meriten: 1986 erschien „Intim“, vorgetragen von dem bekannten Puhdys-Führer und Womanizer Dieter Birr, den seine weiblichen Fans „Maschine“ nennen. „Intim“ von Dieter „Maschine“ Birr wäre heute vergessen, hätte der einzige Solohit des charismatischen Sängers es nicht zu einer kleinen Renaissance gebracht: Völlig unerwartet feierte er in Pfarrstuben und Klosterkellern fröhliche Urständ.

Heimlicher Hit in Pfarrstuben und Klosterkellern: „Intim“ von Dieter „Maschine“ Birr


„Intim“ wurde zum heimlichen Hit in westdeutschen Priesterseminaren, und wäre nicht die sogenannte Mißbrauchsdebatte dazwischengekommen, magische Zeilen wie „Wir sind intim yeah!“ dürften noch heute bunte Abende in Pfarrheimen und Eliteinternaten beschallen.

Wenzel Storch für getidan.de, dezember 2010

Alle Jahre wieder Eine Berliner Weihnacht mit dem Bundespräsidenten Christian Wulff

Moderation: Carmen Nebel

Gast: J. J. Liefers

Buch und Regie: Kai von Kotze

ZDF, 24. Dezember 2010, 17 Uhr