Der Autor und Regisseur Hans Weingartner, der vor elf Jahren mit „Das weiße Rauschen“ bekannt wurde, der Physik und Neurowissenschaften studiert hat, erzählt in expressiven Bildern vom Mathematiker Martin (Peter Schneider), den ein Burn out umhaut. Nach einer Zeit in einer psychiatrischen Klinik will er wieder „normal“ leben. Doch die Umstände, die sind nicht so. Erst die Freundschaft mit einem kleinen Jungen (Timur Massold), der nur russisch spricht, bringt ihn wieder auf die Beine – aber nicht unbedingt in die normierte gutbürgerliche Gesellschaft zurück.
Der Zusammenhang und das Wechselspiel von Einzelschicksal und Gesellschaft wird höchst spannend beleuchtet. Der Film zeigt sehr genau, tatsächlich schmerzlich, wie schwer es der Einzelne heutzutage im Bannstrahl eiskalten globalen Profitstrebens hat. Die kluge Erzählung bietet einige Überraschungen, was die Spannung zusätzlich anheizt. Das Entscheidende: Weingartner fühlt sich der Wahrhaftigkeit verpflichtet. Da haben falsche Töne, hat pure Effekthascherei, keine Chance.
Hauptdarsteller Peter Schneider konnte während des Drehens viel improvisieren, ausprobieren, die Dialoge mit gestalten. Das trägt natürlich wesentlich zum Eindruck von großer Authentizität bei. Was aber auch verstörend wirkt. Man gewinnt manchmal fast den Eindruck, eine Dokumentation zu sehen.
Hans Weingartner schließt mit diesem Film an „Das weiße Rauschen“ an, stilistisch und inhaltlich. Mit dem Finale (das hier nicht verraten werden kann) provoziert der Film viele Fragen, die einen dazu bringen, über die eigene Konstitution nachzudenken. Was wiederum den Mut anheizt, sich gegen die allgemeine Uniformität des Lebens zur Wehr zu setzen. Bravo!
Peter Claus
Die Summe meiner einzelnen Teile, von Hans Weingartner (Deutschland 2011)
Bilder: Wild Bunch
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