Das nigerianische Regie-Duo verwebt in seinem ersten größeren Film zwei Lebensläufe und Lebensträume. Der Elekroingenieur Mofe und die Friseurin und Gelegenheitsprostituierte Rose wollen nach Europa. Der eine nach Spanien, die andere nach Italien. Nur dazu wird es nie kommen. In wunderschönen 16-mm Aufnahmen folgen wir einzelnen Episoden im Alltag von Mofe und Rose.
Mofe arbeitet in einer heruntergekommen Fabrik in Lagos. Ständig fallen Maschinen aus, und er scheint der Einzige, der sie wieder in Gang bringen kann. Wie gefährlich alles ist, was mit der improvisierten und völlig veralteten Elektrik zusammenhängt, wird bereits anfänglich angedeutet, mündet dann aber in einem tragischen Unfall. Bei einem Stromschlag zu Hause sterben Mofes drei Kinder und seine Frau. Für die Beerdigung, für sein Visum, seinen gefälschten Pass, für all das braucht er Geld. Doch auch sein Vater, den er um Hilfe bittet, hat Schulden. In seiner Verzweiflung schlägt er irgendwann, als wieder mal nichts funktioniert in der Fabrik, alles kurz und klein. Was zwangsläufig folgt, ist seine Entlassung.
Auch Rose hat es schwer. Sie ist allein und zu Hause wartet ihre ganz junge, schwangere Schwester. Die beiden Frauen hoffen irgendwann so viel Geld zusammen zu haben, dass sie weg können. Doch die vielen Jobs und auch ein Flirt mit einem weißen Geschäftsmann bringen letztendlich nichts. Sehr krass wird dargestellt, wie dieser holländische Business-Typ Rose nur als exotisches Vergnügen betrachtet. Als ihr die örtliche Chefin der Prostitutionsszene vorschlägt sich und ihre kleine Schwester auf dem Strich zu verdingen, um das Geld für die Visa zusammenzubekommen, lehnt sie ab. Vermutlich wird Rose am Ende das Angebot eines schwarzen Verehrers annehmen, der eine Art Vermieter oder Hauswart ist. Er scheint der Garant für ein bequemeres und sicheres Leben, wenngleich da weder Liebe noch ein Leben anderswo mit im Spiel sein werden.
In diesem Film wird nichts breit erzählt, nichts dramatisch inszeniert. Eher ruhig und geduldig werden all die Schwierigkeiten dargestellt, mit denen Menschen am unteren Ende der Gesellschaft, in dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas, zu kämpfen haben. Ein realistischer Blick in eine Welt, die sehr weit vom bequemen Berliner Kinosessel entfernt ist. Dicht erzählt und gekonnt verfilmt!
Daniela Kloock
ganz oben: Eyimofe – This Is My Desire (Regie: Arie und Chuko Esiri, NGA, USA 2020) | © Eyimofe LLC
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