The Way Back (USA 2010, Peter Weir, Bild: Fox)

 

LEHRSTÜCKE: ZWISCHEN DISKURS UND GROSSEM BILD

Die Trueman Show (USA 1998, Bild: Paramount/UIP)

Eine merkwürdige Kombination ist das schon, Kunst und Juristerei zugleich zu studieren,  wie Peter Weir das gemacht hat, und man ist geneigt, in dieser Gegenüberstellung eines geschlossenen und eines offenen Sinnsystems eine Quelle seiner Film-Arbeit zu sehen: Diskurs und Schönheit, die Untersuchung eines interessanten Falles und das große Bild. Das scheint schon auf in dem Film, mit dem Peter Weir international bekannt wurde, „Picnic at Hanging Rock“ aus dem Jahr 1975. Ein authentischer, historischer Fall wird rekonstruiert und untersucht, und er löst sich buchstäblich auf. In ein paar traumhaft schönen Bildern. Etwas ähnliches geschieht, wenn auch mit weniger „Arthouse“-Radikalität, in seinem ersten Hollywood-Film zehn Jahre später, „Der letzte Zeuge“, wo sich eine scheinbar klare diskursive Versuchsanordnung – ein Amisch-Junge als Mordzeuge, kriminelle Korruption in der Polizei selber, der einsame Cop in der „archaischen“ Welt der Religionsgemeinschaft – in eine poetische Auflösung der Gewissheiten und Urteile wandelt, ja, recht besehen ist es mit der ersten Einstellung präsent: Menschen-Silhouetten, die über ein Feld wandern, dazu die nüchternen Informationen über die Einwanderung von Jakob Ammann und den seinen. Oder gerade umgekehrt in „Truman Show“ (1998), wo eine ästhetische Anordnung, eine Soap-Opera-kompatible (aber viel zu schöne) amerikanische Kleinstadt, amerikanischer und kleinstädtischer als alle Wirklichkeit, sich als Ergebnis einer medialen Super-Planung erweist und vom Helden erforscht werden muss, um sich aus diesem Idyllen-Gefängnis zu befreien, und auch das führt am Ende wieder zu einem großen Bild: Truman auf der Himmelsleiter. Und man kann das in jeden einzelnen Peter Weir-Film, in jede Sequenz beinahe, verfolgen, die enorme Spannung zwischen Diskurs und Bild. Nie ist das eine vollständig dem anderen unterworfen (und die Autonomie des Bildes scheut nicht einmal den Kitsch-Verdacht).

Wenn man schließlich die von Weir so bevorzugten Gegenüberstellungen betrachtet, das System und der einzelne, die Schule (wie in „Dead Poet’s  Society“), das Fernsehen („The Truman Show“), der Verkehr (in „The Cars that ate Paris“) usw. gegen jene, „die es wissen wollen“, aber auch Prinzipien wie rational und intuitiv, spirituell und wissenschaftlich, Code und Erfahrung, mag man argwöhnen, es handele sich bei Peter Weirs Filmen um die Behandlung einiger Grundfragen der Menschlichkeit als work in progress, mal mehr, mal weniger Mainstream-kompatibel  verpackt. In „Master & Commander“ schließlich begegnen sich möglicherweise die beiden Prinzipien personal, in dem forschenden Systematiker und dem intuitiven Tatmenschen, die zusammen auf abenteuerlicher Fahrt sind. Aber angelegt sind solche Paarungen in nahezu allen seinen Filmen.

Das Werk von Peter Weir ist überschaubar; 15 Filme in 40 Jahren hat er gedreht. Aber zugleich ist es ausgesprochen kohärent. Keiner dieser Filme, der nicht auf Anhieb als Peter-Weir-Film erkennbar, weniger wegen eines bestimmten visuellen Stils (Konstanten gibt es allerdings auch da) als vielmehr trotz verschiedener Genre-Bezüge wegen eines bestimmten Interesses gegenüber den Geschehnissen. Peter Weir interessiert sich mindestens so viel wie für die Personen für die Situation, in der sie sich befinden. Zwar sind es am Ende immer einzelne, die sich mit den Widersprüchen und Absurditäten dieser Situationen auseinandersetzen müssen, und immer ist das System tückischer und nachhaltiger als der Mensch, was sich als große Tragödie so sehr zeigen mag wie in „Gallipoli“ oder als Komödie in „Green Card“, aber Weir begnügt sich nicht mit dem Erzählen einer Geschichte. Immer gibt er auch Hintergrundmaterial, verweist auf Bedingungen und Interessen, und setzt dabei sogar gelegentlich aufs Spiel, was man so „Tempo“ und „Erzählfluss“ nennt. In Peter Weirs Filmen darf man stets ein wenig genauer hinsehen. Nicht nur darin sind sie, wie man es nennen mag, „altmodisch“ oder aufklärerisch. Seine Figuren haben nicht nur Gefühle und Interessen, sie haben Projekte, Pläne, Ideen. Ob es sich um Religionsgemeinschaften, militärische oder pädagogische Einheiten, Gesetze und Regeln, Konventionen oder Strategien handelt, um ein Täuschungsmanöver zur Einwanderung wie in „Green Card“ oder ein symbolisches „Urlaub in der Wildnis“-Projekt handelt, wie in „Mosquito Coast“, immer wird daraus ein Kampf auf Leben und Tod. Der Mensch gegen seine „Prägung“.

Picnic at Hanging Rock (AUS 1975, Bild: Atlas Film)

In „The Cars that ate Paris“ haben sich die Bewohner eines kleinen Orts in der australischen Provinz einen ungewöhnlichen Lebensunterhalt gewählt: Sie verwickeln die wenigen Besucher in Verkehrsunfälle und schlachten nicht nur die Autowracks, sondern auch die menschlichen Opfer aus. Als eines der Opfer überlebt und vom Bürgermeister in die Gepflogenheiten der Stadt eingeweiht wird, muss er miterleben, wie das System durch die fanatischen Kids so grotesk gesteigert wird, dass der Zusammenbruch von „Paris“ unabwendbar scheint. In „Dead Poet’s Society“ muss ein Lehrer, um das Prinzip des Pädagogischen (und des Schönen, nebenbei) nicht vollständig dem Unterdrückungs- und Korruptionssystem Schule zu opfern, eine veritable „Geheimgesellschaft“ gründen (und entsprechend aggressiv reagiert das mächtigere System). In „Green Card“, eben ein kleines bisschen mehr als die gewöhnte „romantische Komödie“, geht es um die Scheinehe zwischen der New Yorkerin Bronte (die endlich eine Wohnung bekommt, die sie als Single nicht erhielt) und dem Franzosen Georges, der eine Aufenthaltsgenehmigung durch die Heirat braucht, und es geht um die Überwachungen durch die Einwanderungsbehörde, die die beiden zwingt, das vertraute Ehepaar zu spielen. Ein bisschen nimmt das die „Truman Show“ vorweg, aber es ist auch ein Nachhall der Geheimnisse um das „Picnic am Hanging Rock“, wo die Mädchen dem strengen Blick ihrer Lehrerinnen entkommen – und verschwinden. Das System wird  „belastet“ (wie der Pazifismus der Amisch in „Der letzte Zeuge“), verschiedene Welt- und Erklärungssysteme öffnen sich zueinander, wie die Welt der Aborigines in „Die letzte Flut“, die sich in die Träume des weißen Rechtsanwalts (Richard Chamberlain) ergießt. Wildnis und Zivilisation, Freiheit und Ordnung, das ist die Spannung aus der die Bewegung vieler seiner Helden kommt, von Peter Weirs australischen Filmen noch sehr direkt hinüber in die ersten beiden US-amerikanischen, „Der einzige Zeuge“ und „Mosquito Coast“, in denen sich Harrison Ford für diese Grenzgänge als perfekte Besetzung erweist  – und sich nebenbei als „ernsthafter“ Schauspieler jenseits des Space Cowboys in den „Star Wars“ etablieren kann. Das wird zu einem Markenzeichen des Regisseurs in den folgenden, durchaus Mainstream-fähigen Filmen: Peter Weir holt aus Stars, die sich in ganz anderen Zusammenhängen etabliert haben, unerwartete dramatische Spannung, aus Mel Gibson in „Ein Jahr in der Hölle“, aus Robin Williams in „Dead Poet’s Society“, Jim Carrey in „Truman Show“, Gérard Depardieu in „Green Card“, Jeff Bridges in „Fearless“. Jeden von ihnen sieht man so, wie man ihn vorher noch nicht gesehen hat.

Der einzige Zeuge (USA 1985, Bild: Paramount/UIP)

Peter Weir liebt die Verknüpfung von Inszenierung und Inszeniertem. Des öfteren gehen Score und Szenen-Musik ineinander über, besonders beeindruckend ist das in „Master & Commander“ gelungen, wo Russell Crowe und Paul Bettany (übrigens real) Violine bzw. Cello spielen, und ihr Motiv setzt sich als extradiegetische Score-Musik über der folgenden Szene fort. Es gibt auch Querverweise zwischen den Filmen: Harrison Ford spielt so „übertrieben“ eine Kaffee-Reklame-Szene in „Der einzige Zeuge“ wie sie dann in „Truman Show“ wieder auftaucht (und Ford darf in diesem Film seine tatsächliche Fähigkeit als Tischler zeigen). Und wie lautet der Vorname der New Yorkerin mit der Müsli-Vorliebe in „Green Card“? Bronte. Peter Weir, soll dass heißen, verfügt über einen ganz eigenen, ein klein bisschen schrägen Humor, der manchmal dort auftaucht, wo man ihn am wenigsten erwartet. Im Handwerk selber.

Peter Weirs Filme handeln von Männern an der Grenze zwischen den Systemen und Kulturen, und sei es die Grenze zwischen Wirklichkeit und Wahn, zwischen Leben und Tod wie in „Fearless“ oder die zwischen Europa und Amerika (oder die zwischen Maskerade und Emotion) in „Green Card“. In dem leichthändigeren Film, den er nach „Die letzte Flut“ drehte, „The Plumber“ (1979), ist es nicht zufällig eine Wissenschaftlerin, in deren Haus ein Klempner eindringt, der erst Unordnung und dann Angst bringt, sehr irrationale Angst. In „Ein Jahr in der Hölle“ benötigt der Held, der Reporter Hamilton, den kleinwüchsigen Begleiter, um gleich in drei fremde Systeme eingeführt zu werden, den Krieg, die politische Struktur Indonesiens, und die Mythen und Vorstellungen seines Volkes: „Bei euch in der westlichen Welt ist alles schwarz oder weiß, gut oder böse, falsch oder richtig. Bei uns gibt es solche einfachen Sichtweisen nicht“, erfährt er. Deswegen schickt Peter Weir seine Helden in Länder und Bereiche, die nur auf den ersten Blick als Höllen erscheinen mögen, in ferne Länder und extreme Landschaften, in bizarre Innenwelten, in unlösbare moralische Konflikte, um ihnen ihre anfänglich einfachen Sichtweisen auszutreiben. Und natürlich auch uns Zuschauern. In seinen frühen Filmen ließ uns Weir dabei manchmal mit dem Rätselhaften und Unaufgelösten vollkommen allein, und immer wieder, entweder für ganze Filme wie „Fearless“ oder für einzelne Szenen führt er uns auch später in Situationen, die sich diskursiv nicht vollständig auflösen lassen. Fast immer muss Weirs Held das Land (oder die Seelenregion, die Geheimgesellschaft, die Inszenierung) die ihn prägte und eigentlich erst zum Subjekt seines Lebens machte, wieder verlassen. Das geht, weil dieser Held eben auch das gelernt hat: Wie man trauert. Bei Peter Weir können Männer nur erwachsen werden, wenn sie die vorgegebenen Bahnen und Codes der westlichen Gesellschaft an irgendeiner Stelle durchbrechen; das Durchstoßen eines Cocons, die Flucht aus einem Gefängnis, das Betreten des unbekannten Landes sind die Voraussetzungen für eine „zweite Geburt“, die sich genau umgekehrt zur Initiation in der bürgerlichen Gesellschaft abspielt, als ein Akt von Öffnung und Loslassen. In Peter Weirs Filmen wird, soweit man sie als Lehrstücke ansehen kann, gezeigt, wie sich Menschen verändern können. Und wie sie es müssen.

Master and Commander (USA 2003, Bild: Fox)

Die Spannung zwischen den Kulturen, Religionen, Sprachen, Lebensentwürfen, Werten machen seine Helden zu unruhigen Wanderern. Dafür gibt es immer wieder berückende Bilder: Jeff Bridges Wanderungen am Abgrund in „Fearless“, der Blick des an Darwin erinnernden Wissenschaftlers über die Insel in „Master & Commander“, Robin Williams Balance auf dem Stuhl in „Dead Poet’s Society“,  Was wir erleben ist immer wieder eine Art von „Erwachen“, dem eine tiefgreifende Verstörung vorausgeht. Die Frauen bleiben schon eher „ganz“ in diesen Filmen; Liebesgeschichten stehen nicht im Vordergrund, es sind eher die utopischen Hoffnungen, sie treten immer wieder gleichsam von der Seite in die Geschichte, um ihr, wie nun wieder in „The Way Back“ mehr als eine Wendung, einen Sinn zu geben. Oft bleiben sie angedeutet und unerfüllt. Denn auch Männer und Frauen sind wie verschiedene Kontinente zueinander; nahezu alle Liebesgeschichten bei Peter Weir sind „transkulturell“. Andere, wie die zwischen Harrison Ford und Helen Mirren in „Mosquito Coast“ oder die zwischen Jeff Bridges und Isabella Rosselini in „Fearless“ werden von einer tiefen Entfremdung erfasst. Daher sind sie doppelt codiert, und oft genug stellt sich für den Weirschen Grenzgänger die Frage, wie weit er es denn mit seinem Sendungsbewusstsein und seiner selbstauferlegten Mission treiben könne, bevor er auf andere Weise schuldig wird, einem anderen Hochmut verfällt. Auch die so oder so „geläuterten“ oder erwachten Protagonisten der Filme sind nicht einfach vom schwarz zum weiß gewechselt, auch sie bleiben in ihrem Tun, so „auserwählt“ sie sich auch fühlen mögen, durchaus zwiespältig. Peter Weirs Helden sind auf eine absurde Weise „messianisch“, und von „Dead Poet’s Society“ über „Fearless“ bis hin zu „Master & Commander“ macht der Regisseur deutlich, wie sehr die Sendung seiner Außenseiter-Helden auch äußerer Ausdruck einer inneren Verletzung, einer durch Traumatisierung entstandenen Leere sind. Wahrscheinlich behauptet man nicht allzu viel, wenn man vermutet, dass es in jedem Film von Peter Weir „eigentlich“ um Begegnungen mit dem Tod geht, und dass „eigentlich“ beinahe alle „schönen Bilder“ in seinen Filmen Todesbilder sind. So wie der Anwalt in „The Last Wave“ in der Höhle den Aborigine-Kalender entdeckt, der auf die bevorstehende Todeswelle weist, so wie die Mädchen von dem mysteriösen Felsen angezogen werden in „Picnic at Hanging Rock“, so wie sich Archy und Frank in „Gallipoli“ auf ihrem Weg durch die Wüste zur Musterungsstelle wie manisch angesogen fühlen von Krieg und Tod (den der eine erleiden muss, damit der andere – verändert – weiter leben darf), so wie Max Klein in „Fearless“ den Flugzeugabsturz ins Maisfeld überlebt (und danach eigentlich nicht mehr weiß, ob er lebt oder schon gestorben ist), so wie der Lehrer in „Dead Poet’s Society“ den Geist der toten Dichter beschwört, um den Kids einen Weg ins Leben zu weisen, so suchen die Helden von „Ein Jahr in der Hölle“ oder „Master & Commander“ förmlich die Begegnung mit dem Tod, so riskiert Truman lieber den echten Tod als weiter falsch zu leben, und so „erwachen“ die Menschen in „Der einzige Zeuge“ angesichts des Todes (und mit einer Übertragung des tödlichen Objekts, der Pistole, beginnt auch die Liebes- und Familiengeschichte).

The Way Back (USA 2010, Bild: Fox)

Peter Weir hat sich selber einmal einen „Nischenbewohner“ im Filmbusiness genannt. Diese Nische eines Filmemachers, der sehr genau weiß, was er tut, war indes nie unbedroht. Als seine Filme begannen, ein Geschäft zu werden, konnte sich der Regisseur nicht immer vollständig von Studio-Einmischungen freihalten; manches wurde geglättet, ein Film wie „Fearless“ musste es sich gefallen lassen, mit eingefügten Szenen von der Grenzerfahrung zur Salzstangenpsychologie verschoben zu werden, und viel zu unbedacht fand sich „Dead Poet’s Society“ in den Rang eines Feelgood Movie der sanften Pädagogik gedrängt. Wenn Peter Weir seinen Nischenplatz allzu offensichtlich verteidigte, zeigten ihm entweder die Studiobosse oder das Publikum ökonomische Grenzen seiner Art Filme zu machen. Nicht einmal „Master & Commander“, obschon als das schöne Paradoxon eines intelligenten Blockbuster-Films gehandelt, erfüllte die in ihn gesetzten Kassen-Erwartungen. Immer ist bei Weir nämlich, und das macht einen Filmemacher selten beliebt, mit dem Respekt vor dem Fremden die Kritik an den Macht- und Korruptionssystemen verbunden, die offensichtlich seit dem 18. Jahrhundert bis heute erstaunlich konstant blieben, ebenso konstant übrigens, wie, folgt man dem Regisseur, die Formen des Verrats und des Opfers, ohne das, so scheint es, der Neuanfang nicht möglich ist, gleichgültig ob es sich um einen Jungen handelt, der in „Dead Poet’s Society“ in den Selbstmord getrieben wird, oder ob, wie in „Gallipoli“ junge Soldaten bedenkenlos dem Massaker überantwortet werden, nur um durch eine Ablenkung des Feindes einen taktischen Vorteil zu erhalten. Schon in „The Cars that ate Paris“ verlässt am Ende Arthur seine Stadt wie eine furchtbare, groteske Opferstätte. Harrison Ford in „Mosquito Coast“ muss am Ende für seinen Traum von Aussteigen und Wildnis sterben (eine Wendung die man als „Umkippen“ in die Tragödie Weir nie so recht verzeihen wollte, dabei ist es wohl das einzig ehrliche Ende für diesen Traum, der Gesellschaft so einfach entfliehen zu können). Überhaupt darf man wohl sagen, dass Peter Weir sein Publikum nie ohne Hoffnung entlässt, aber gewiss nicht der Typ für knallige Happy Endings ist.

Auch in seinem neuen Film „The Way Back“, nach sieben Jahren, in denen sich die eine oder andere Hoffnung auf eine Fortsetzung von „Master & Commander“ zerschlug, erzählt Peter Weir von einem System und einem Ausbruch: das Gulag und die Gruppe der flüchtenden Männer, in sich so gespalten wie gewalttätig, in einer lebensbedrohenden Winter-Wildnis und dann in der mongolischen Wüste befinden. Eine Versuchsanordnung, ein zu verhandelnder Fall, das große Bild, der Tod: Alle Weir-Ingredienzien wieder beieinander, das historische Material (ein Geschehen aus dem Jahr 1942, partly truth & partly fiction), der zu einem allgemein gültigen Menschen-Experiment geformt wird. Auch die Spannung zwischen den Kulturen, das (drastische) Opfer, der Respekt vor dem Fremden und die Kritik der Macht, und auch die „schönen Bilder“ inmitten eines eher bitteren Dramas sind wieder da. Aber wie in jedem Peter-Weir-Film: Es ist auch alles wieder ganz anders.

Georg Seeßlen

erschienen in epd-film 6-11