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Fordistisches Essen

„Das fordistische Prinzip von McDonald’s wird 60 Jahre alt und ist in der Krise“, hieß es auf Telepolis.

Es klang schon ein wenig euphemistisch, als Arthur Kroker in den 1990er Jahren schrieb, McDonald´s verkaufe postmoderne Hamburger. Okay, der Hamburger war bei McDonald´s immer schon sein Bild, wahnsinnig ästhetisiert und er war überall anwesend – im Kindergarten der Kleinen, im Seniorenaltersheim für eine nostalgische und zahnlose Zeit, als windelweiche Freizeitparkzeit und als Freundschaftszeit für dauergesprächsbereite Jugendliche, bei den GI`s vor der Kaserne sowieso, und nicht zuletzt im Werbefernsehen vorgeführt von Heidi Klum Gesichtsgrimassen – man denke an jene unsägliche Heidi-Klum-Werbesentenz, bei der die Begegnung des Dreikäsehoch-Verkäufers mit dem attraktiven Objekt der Begierde zu einer scheußlich emotionalen Überlegenheit der Werbeikone führt, indem diese die kindliche Verlegenheit des Verkäufers aufgrund seiner Attraktivitätsdefizite mit einem kräftig strahlenden (schneeweißen) Biss in einen doppelten Cheeseburger auf die Spitze und damit die Kastrationsängste des Jungen in schwindelerregende Höhen treibt, als würden jeden Augenblick seine Hoden an wattstarke Elektroden angeschlossen.

Das phasische Essen bei McDonald`s war aber dann doch eher eines für fordistische Bäuche – gebratene Hackfleisch-Scheiben zwischen zwei industriell hergestellte lappige weiße Brötchenteile gesteckt – auch wenn die Bäuche wie die Köpfe irgendwann längst zu geisterhaften Bildern ihrer selbst geworden waren. Nirgends konnte man die Massen besser kontrollieren und konnten sie sich selbst besser kontrollieren, als in diesen stalinistischen Essverarbeitungsstationen, die zudem noch kräftig die Kommunikationskanäle schmierten, gerade, wie es Kroker/Weinstein beschreiben: „“Ich könnte für immer hier bleiben und mit dir weiter reden.“ Das ist die Einstellung jener Leute, die bei McDonald`s herumhängen: die ideale Sprechgemeinschaft, die es bereits gibt, aber von der „Kritischen Theorie“ übersehen wurde.“

Und dazu gab`s ne Coke. Besser war das Leben nie. Coke war nämlich immer mehr als Coke, es war mehr als die flüchtige Vereinigung mit der Werbung. Okay, irgendwie war Coke in Eurer Hand immer auch nur eine Bestätigung dafür, dass Ihr in das Bild der Company passt, das ihr nun ausfüllt. Aber wie keine andere Ware konnte Coke andere Produkte infizieren, um die Kette von Gebrauchswert, Tauschwert, Kommunikation, Sinn und Design noch weiter zu hysterisieren, nämlich in die Lebensqualität oder neudeutsch in den Lifestyle hinein. Coca-Cola signifiziert keinen Sinn, sondern das Getränk ist Sinn. War Coca-Cola aber noch die Brause, die sich den Stars lustvoll unterwarf, wie Georg Seeßlen es beschreibt, so ist heute Red Bull die Ware, die selber zum Star geworden ist: „Eine einzige gewaltige Casting Show, in der Red Bull das Brandzeichen des Erfolges darstellt.“ (Georg Seeßlen)

Als Gegenprogramm zum fordistischen Hamburger und zur Coke zirkulierten damals in München-Schwabings Luxusrestaurants Austern, deren hellbraun gescheckter Kalk mit kräftigen radialen Rippen auf beiden Klappen die Gäste beim ersten Anblick schon faszinierte, wobei aber die den Austern zugeschriebene aphrodisierende oder libidinöse Wirkung nach Meinung der anwesenden Köche eine Scheiße-Chimäre oder bloße Ideologie der zu dieser Zeit langsam aufblühenden Lebensmittelindustrie war. Okay, der nussige und feinherbe bzw. der subaquamarine Geschmack nach Meer, der ja selbst von subsidären bzw. biochemisch indifferenten Geschmacksbanausen kaum bestritten werden konnte, mochte für die legendäre emotionale Heißhungrigkeit, die dem Konsum bzw. dem Effekt des Konsums der Austern anhaftete, mitverantwortlich sein; schlussendlich blieb der damals vergleichsweise hohe Preis des hochgesexten Lebensmittels das alleinige und entscheidende Kriterium für den Erfolg auf der sogenannten Market-Sexappeal-Matrix.

(Kriterien wie menschliche Arbeit, Zuchtanlagen oder gar Transport- bzw. Zubereitungskosten für die Preisfindung des hochgesexten Lebensmittels ins theoretische Lampenlicht zu rücken, führte die Problematik um die Wahrheit der Arbeitswerttheorie bzw. Produktionskostentheorie nur weiter ad absurdum,  wodurch das Ephemere damals schon aufschien, nämlich, dass der Preis hier vor allem eine Information bewertet und sich von der Bewertung einer Funktion oder der Arbeit zu einem reinen Maß der Zahlungswilligkeit der süffisanten Celebrity-Kundschaft gewandelt hat, die bis heute in deprimierender Regelmäßigkeit experimentelle Fünf-Gänge-Menüs oder irre bunte Designer-Cocktailabende mit öffentlichem Interesse, beispielsweise als Spendenkampagnen für die Opfer von Schusswaffen, ADHS und Dauerwerbefernsehkonsum veranstaltet.)

 

Postfordistisches Essen

Jeder kennt die Erfolgsstories von Deutschlands einflussreichsten Spitzenköchen – Castingkochshows  à la „Manche mögen’s heiß“ erzielten für das Produktmanagement vielversprechende Einschaltquoten, und darüber hinaus standen Mulitmedia-Kochbücher mit DVD, die unter anderem die kalorienärmsten, aber zugleich leckersten Süßspeisen der deutschen Konfiserie-Branche anpriesen, hoch im Kurs, wobei es hier unverschämt geile Tricks zu vermelden gab, bspw. Rezepte mit Ingredienzien wie Sojamilchextrakten, Zuckersurrogaten, raffinierten Kohlenhydraten, Transfettsäuren und High-Density-Lipoproteinen als Junkfood auf höchstem Niveau zu featuren, was zuweilen von dem in den eigenen Körperzementierungen festgesessenen und fettgefressenen Qualitätsjournalismus, der mit den Grundregeln der Dialektik und den Grundzügen des vertikalen Denkens bestens vertraut war, unglaublich abgefeiert wurde.

Okay, die Zeiten wurden härter: Minuspunkte für durchaus raffinierte, für kalorienreiche Lebensmittel, die außerordentlich reich an Transfettsäuren, billigen Ölen und Industriezucker sind, bspw. ein mit einer Erdnussbutterfüllung in einem crispen, hartkrokantigen Mantel aus einer Mischung von gehärteten Pflanzenfetten, Polyolen & karamellisiertem Zucker zusammengebasteltes Teil, möglicherweise Haselnuss-Krokant, plus einer kakaohaltigen Fettglasur plus Emulgatoren, Milchpulver und hyper-gesättigten Fettsäuren, alles in allem ein wahres Meisterwerk hinsichtlich der Implosion karzinogener Darm-Infiltrationen, das total overstyled und absolut am Maximum des noch Genießbaren ist. Ein Produkt, das durch den Zusatz von Koffein und Taurin eigentlich die Marktführerschaft von Red Bull auf den Märkten der Schnellmacher-Lebensmittel sehr schnell ins Wanken bringen könnte (hätte es denn eine Story zu erzählen).

Stattdessen heute ein wahrer Garten Eden der (gesunden) Differenznahrungsaufnahme. Vom Designer-Hamburger, über strahlungsbehandelte Hühnchen und simulierte Putenteile bis hin zum reinen Landglück. Differenzieller gings nie. Die Mittelschicht – finanziell nach oben, kulturell nach unten orientiert – frisst sich heute reichlich mit Distinktionsgewinnen voll. Jetzt kommt aber das große Aber, auf das Frederic Jameson immer wieder hingewiesen hat. Er registrierte in der postfordistischen Kultur eine Äquivalenz zwischen der beschleunigten Dynamik der Differenz auf allen Ebenen der sozialen Aktivitäten, Symbole, Habiti etc. und einer beispiellosen Standardisierung und Funktionalisierung – der Produkte, der Emotionen, der Sprache und so weiter. Jameson schreibt: “Aber dann dämmert es uns, dass keine Gesellschaft  jemals so standardisiert war, wie es diese ist, und dass der Strom von menschlicher, sozialer und historischer Zeitlichkeit noch niemals so homogen war.”

Apropos Landglück oder glückliche Kuh. Happy Spießburger.

(Konsumiert werden darf heute im Spiel der Differenzen fast alles, Glauben, Fair-Trade, Subkultur, Subversion, Freiheit etc. Aber selbst noch der Antikonformismus wird konformistisch konsumiert. So hat David Foster Wallace darauf hingewiesen, dass die rebellische Konsumtionspraxis des Pseudo-Rebellen darin besteht, gegen die seelenlosen Profitmaschinen zu protestieren, indem er Produkte von Konzernen kauft, “die die unternehmerische Praxis am überzeugendsten als leer und seelenlos repräsentieren können.” Es gibt eine Second-Order des Genießens, das Genießen des Genießens, welches, wenn es denn kontrolliert wird (Diäten), zum Genuss der Kontrolle des Genießens mutiert. Es handelt sich hier um ein Zerebralgenießen oder einen Zerebralkonsum (Gehlen), der längst reflexiv geworden ist, und im Shopping, dem Genuss des kommunikativen Ereignisses, den man auch Lifestyle zu pflegen nennt, seinen vollkommenen Ausdruck findet. Das Konsumieren selbst wird konsumiert. Und die Konsumenten kaufen Produkte, die sie sich entweder at once geradezu sadistisch einverleiben oder zu denen ihnen nur ein Ratgeber Zugang verschafft, oder die Produkte werden erst gar nicht konsumiert, sondern man macht mit ihnen Werbung, und zwar für sich und für das Unternehmen zugleich.)

 

Gastrosophie und die Geschichte vom Hans im Glück

“Hans im Glück” nennt sich eine neue Hamburger-Kette und ihre Hamburger heißen “Heimweh” (mit Gorgonzola), “Stallbursche” (gegrillte Hähnchenbrust) oder “Birkenwald” (mit Mozarella).

Die Philosophie des Unternehmens lässt verkünden:

„”So glücklich wie ich, gibt es keinen Menschen unter der Sonne!” Diese Worte spricht Hans, nachdem er auf seinem Weg Schritt für Schritt Wertvolles gegen Wertloses eingetauscht hat – seinen Goldklumpen gegen ein Pferd, das Pferd gegen eine Kuh, die Kuh gegen ein Schwein und so weiter. Am Ende steht Hans mittellos da, trotzdem empfindet er pures Glück.“ Zitat Ende.

Nicht, dass man hier allein nur mit Brecht ankommen sollte, von wegen erst kommt das Fressen, dann die Moral – bittere Realität für eine Milliarde Menschenmüll, für den die Eliten und Mittelschichten nur ein müdes Lächeln übrig haben.

Es gibt hier nämlich weiter zu vermelden: Die Story mit Hans im Glück geht etwas anders. Für Hans besteht das Glück des Tausches darin, dass er nicht derselbe geblieben ist. Hans hat das Glück nicht einmal gesucht, nichts weniger interessiert ihn als die ökonomisch profanierte Sucht nach Geld, Ruhm und Teilhabe. Der Tausch bleibt Rätsel, Stil und Mikrophysik, jenseits der Kapitalisierung, der objektivierten Sucht nach Mehr, die das Kapital selbst ist. Dessen Pendant ist der individualisierte Anspruch der kaufkräftigen Kundschaft, die noch Ernährung, Service und Qualität als ihr Mehr simuliert. Die den postfordistischen Luxus-Hamburger als ihr Mehr veranschlagt, und dies noch unter dem Gesichtspunkt, dass dessen Verzehr  im Vergleich zu dem des fordistischen Hamburgers die Zeitspanne von der Sekretion zur Exkretion verkürzt. (Lang lebe der Akzelerationismus!) Über diesem  Mehr hängt aber nach wie vor der Segen der Verblödung, weil die Ware der Mittelschicht das Echo des Marketings und der Werbung bleibt. Ihr Konsum wird von den Medien und von den Semiotypen angetrieben. Das feine Burger-Restaurant ist die Moschee, und Hollywood bleibt das Mekka.

Und die Philosophie des Unternehmens kündet den Endsieg der Philosophie an, und sie verbirgt nur schwerlich den neoliberalen Refrain: Esse Intelligent! Kommuniziere! Verhalte dich als Unternehmer! Werde ein Asset! Trage ein Risiko!

(Jede Philosophie, so resümiert Laruelle, unterschreibe heute die kommunikative Entscheidung, die darauf abziele, dass alles, was existiere oder erkennbar sei, auch kommuniziert werden müsse. In dieser self-inscribed world, soll tatsächlich noch das letzte Geheimnis kommuniziert werden; alles, was bisher noch nicht gesagt wurde, ist nur dazu da, um endich gesagt zu werden. Für Laruelle ist die kommunikative Entscheidung noch heimtückischer als die philosophische. Es ist eine Sache zu sagen, dass alles, was existiert, einen zureichenden Grund besitzt. Es ist eine andere Sache zu fordern, das alles, das aus irgendeinem Grund existiert, transparent kommuniziert werden sollte, um vielleicht einen Grund für seine Existenz erst noch zu erfinden. Wenn die philosophische Entscheidung eine Variante des Prinzips des zureichenden Grundes ist, dann fügt die kommmunikative Entscheidung die Kommunizierbarkeit der Bedeutung noch als heimtückische Zugabe hinzu.)

Also noch einmal: Kauf dir deinen postfordistischen Hamburger und friss dich mit Differenzen und Vielfalt voll! Betreibe Differenzproduktion, auch wenn ihr Gehalt rein vom Marketing abhängt! Der Siegeszug des Luxus-Hamburgers, die Paradessenz des Produkts (Entspannung und Erregung zugleich) implementiert hier eine adversative Struktur des ubiquitären Genießens: Verfolge durch Mehr-Essen konsequent den Weg zur Bulimie, um das Ziel, das Anorexie verspricht, zu erreichen bzw. iss mehr, um schneller abnehmen zu können, womit einerseits die Teilnahme am Genuss imperativistisch zugesichert, andererseits das exzessive oder sogar suchtbringende Moment, das dem Konsum anhängt, zugleich entschärft wird. So dass man sich schuldig fühlt, wenn man sich nicht mit dem Surrogat begnügt, sondern den süchtig machenden McDonald`s Hamburger konsumiert, um dann aber unter Umständen zum singulären Krankheitsfall zu regredieren.

 

Der Traum

So ähnlich ging es mir letzte Nacht. Kurz und gut, es war nicht wirklich ein schlafförderndes Konzept.

Und es war kein schöner Traum: Heidi Klum beim Burger fressen. Angela Merkel beim Burger Fressen. Wolfgang Schäuble beim Burger Fressen. Jürgen Ackermann beim Burger Fressen. Die Fußball Legende Franz Beckenbauer beim Burger Fressen. Der Sänger Udo Lindenberg beim Burger Fressen. Die Schauspieler Till Schweiger und Hannes Jaenicke beim Burger Fressen. Papst Franziskus beim Burger Fressen. Sahra Wagenknecht beim Burger Fressen. Joschka Fischer beim Burger Fressen. Dieter Bohlen beim Burger Fressen. Die Katzenberger beim Burger Fressen. Und so weiter und so fort.

Aber das war längst noch nicht alles: Plötzlich tauchte da diese Talktante auf, die für ihre seltsam kommentarlosen Kommentare zur postfordistischen Nahrungsaufnahme zumindest regional bekannt ist, wobei sie vor drei Monaten sogar den renommierten Journalistenpreis “Sprich dich aus” eingeheimst hat, allerdings behaupten einige ihrer schärfsten Kritiker, dass es sich bei ihr um das Paradebeispiel einer Möchtegern Meinungsmacherin handele, ja sie verkörpere das Leben als geronnenes Klischee, das als Prozess der Selbstverdummung ohne Unterlass nach eigens produzierten (geistigen) Narkotika verlange, deren exzessiver Konsum eine in der Kunst- und Marketingbranche weit verbreitete (geistige) Frühinvalidität produziere, gerade so, als würde man sich von den eigenen geistigen Exkremente ernähren, um erbärmlich langsam daran zu krepieren.

Kein Wunder, dass dann der Traumfilm mit einem umfassenden Geständnis weiterging: Seit Wochen schon beginnt die Talktate nach tagelangem Hungern quasi zwanghaft zu fressen, stopft reihenweise Lebensmittelprodukte der Lifestyle-Marke Vital, größte Sushi-Boxen vom Sushi Circle, die feinsten Luxus-Hamburger, massenweise Salzstangen mit Sesam und vegetarische Hot Dogs, Mars- & Snickersriegel, Schokolade mit Rosenöl- oder Lavendelaroma und 500 ml Zimteisbecher in sich hinein, vielleicht aus Angst,  dass sie bisher in ihrem Leben etwas Wichtiges versäumt hätte oder noch versäumen könnte, wobei es nicht zu übersehen ist, dass ihre tendenzielle
Anorexia nervosa oftmals oder viel zu oft in den Heißhunger nach (oraler) Zerstreuung umkippt, der eben auch im genussreichen oder genussfreien Fressen aufscheint. Der unbewusste Wunsch, auf radikale Weise den eigenen Körper loszuwerden, indem man ihn in ein klapperndes Skelett verwandelt, kongruiert bei ihr mit der unbewussten Aneignung der zeichenpolitischen Imperative der Nahrungsmittelindustrie hinsichtlich der unbarmherzigen Kolonialisierung des Körpers durch Nahrungsmittel, inhäriert aber auch die künstliche Sehnsucht geldgleich leicht und flottierend daherzukommen, während dagegen die unglaublich hilflosen Versuche mittels hochneurotischer Fressattacken wiederum entgegenzusteuern nur zeigen, dass jeglicher Versuch, die fressorientierte Aneignung
des Körpers erfolgreich durchzuziehen, nachdem sie ihrer körperlichen Souveränität längst enteignet worden
ist, niemals ohne bleibende Kollateralschäden gelingen kann, Schäden, die aus der Anorexie die Wahrheit der Bulimie machen. Dass es sich bloß um das Problem eines gestörten Appetitverhaltens handelt, das glaubt sie jedenfalls nicht. Es sei bestimmt auch keine Geschmacksperversität oder ein Parasitismus, der hier zum Zuge käme, eher schon eine Frage der Quantität, der Metonymie ud der Unterbrechung derselben, wobei der Versuch, das Objekt an sich in der Form des Essbaren zu vernichten (die Zeit der Abstinenz, in der der medusoide Riss immer größer wird, muss einfach durch die nächste Fressattacke gestopft oder genäht werden) oder zumindest zu introjizieren, phasenweise immer wieder scheitert, weil das Objekt sich auf seltsame Art und Weise entzieht oder ihre Person vom introjizierten Objekt schlichtweg vampirisiert wird.

Es schien, als würde der Traum halbwegs seriös enden, wenn nicht gar bis zur ultimativen Bloßstellung der Talktante vordringen. Aber dann quoll der scheinbar doch von allen möglichen Leuten schon verzehrte Luxus-Hamburger zu fürchterlich inhumaner Größe auf und die Talktante kroch aus ihm heraus, wie ein Wurm aus einem Apfel, um mir unverständlich zu verstehen zu geben: Dass der Luxus-Hamburger niemals zum Sonderpreis über die Theke ginge, auch wenn der globale Kapitalismus oft nur das Begehren des Geizhalses radikalisiere, der aus seiner Bescheidenheit einen Exzess mache, indem er (exzessive) Konsumausgaben tätige, nur um zu sparen. Dass die den Lauf der Dinge begleitende Schmerzerregung bei den Individuen nichts als Lustgewinn sei, die passende Begleitmusik der (falsch verstandenen) Wunschökonomie, die unstillbar in die ökonomischen Kreisläufe ausgewandert sei, wo sie die Individuen unter die Imperative des (vermeintlich unendlichen) Genießens stelle, dessen Steigerungsprogramme in biotechnischer, neuronaler und chemischer Hinsicht den Psychedelics- bzw. den Consumer- Anonymus hervorbrächten, der die geplante Steigerung der individuellen Leistungs- und Konsumziele als Dienstleistung
in Anspruch nähme, als Kaufakt, der auch die Arbeit trage, weil sie wie alles gekauft, d.h. konsumiert werden müsse.
Dass wie bei jedem Kaufakt eine Nachfrage vorausgesetzt bleibe, die der Nachfragende bzw. Konsumierende verkörpere, der durch den Hinzukauf der aktuellen Arbeits- und Konsumprogramme seinen Informations-, Fitness- oder Konsumwert steigere, z.B. durch den Einstieg in die immer wiederkehrenden Trends, in denen die Produkte der Popmärkte wie “Wertpapiere” zirkulieren würden, Verbriefungen der Selbstoptimierungen wie der eigenen Hipness, mit denen die Lifestyle- Design-Industrien die Lifestyle-Subjekte ihrer Wertigkeit versichern und beglaubigen würden. Dass der persönliche Wert gleich dem Preis sei, zu dem der Konsument akzeptiere, seine ureigenen Perzeptionen der Warenwelt kreativ auszugestalten, um sich schließlich auszutauschen, aber sich dann doch nicht austausche, um seinen Preis weiter zu erhöhen. Dass das Begehren keinen Hunger kenne. Dass die Deterritorialisierung des Kapitals nichts mit den minoritären Bewegungen der Konsumenten zu tun habe. Dass die Kapitale wie die Konsumenten sich niemals in einer Notlage befänden. Dass Eigentümer Eigentümer blieben. Dass die Preise der Duftkompositionen, der erotisch animalischen Effekte, Zibet und Biber, Geruchsnervositäten, schnuckelige Schmuck-Dinger, Images und Bilder die Entwertung der Arbeit anzeigen würden und vollkommen unabhängig von der Bewertung der Arbeit seien, weil Habitus bzw. Distinktionswilligkeit der Consumer nur die Information bewerten würden, die dem Produkt als zusätzliche Eigenschaften aufgepropft werden. Dass Produkte, die singulär seien, das persönliche Abendkleid oder das Sexprofil, nach personalisierten Preisen verlangen, die wiederum eine neue Heterogenität des Designs bzw. des Marketings erfordern würden oder die Notwendigkeit, die Dinge in ihrer maximalen Ausstellbarkeit wie in der Kunst zu produzieren.

Kurz litt ich nach dem Aufwachen an dem Gefühl, dass ich im Burger-Restaurant “Zur glücklichen Kuh” wirklich die Stimme von Nicole Scherzinger gehört hätte.

 

Abspann

(Je näher man hinschaut, desto fremder schaut es zurück – und nichts kann verbergen: Wenn die Ware Bild geworden ist, haben wir es mit Derivatindustrien zu tun. In diesem Kontext gibt es eine funktionale Beziehung zwischen ökonomischen Derivaten und der ubiquitären Ware Promi zu vermelden; so wird z.B. der Preis des Profifußballspielers Ronaldo kontinuierlich durch den Preis einer Vielzahl derivativer, das heißt von ihm abgeleiteter Produkte mitbestimmt, womit wiederum selbst Ronaldos Haar- und Körperdesign symbolisch aufgeladen erscheint. Der Markterfolg der von Ronaldo beworbenen Waren wird seinen eigenen Preis (als Ware) steigern, während Waren, weil sie nun seinen Namen und damit ein Image tragen, wiederum zu Derivaten mutieren, wobei beide Sorten von Waren-Derivaten füreinander da sind, unter anderem auch deswegen, weil es Ronaldo tatsächlich geschafft hat, anstatt nur von Waren zu leben, sich selbst zur Ware aufzuschwingen. Offensichtlich stützt die Ware Ronaldo die von ihm beworbenen Waren, und umgekehrt -: beide Warenarten steigern ihren Preis in reiner Reziprozität, indem sie sich beiderseits als Derivate in den medialen Gossen der Picture-Industry beglaubigen.)

Achim Szepanski

Text zuerst erschienen auf non.copyriot.com

Bild:  CC BY-SA 3.0 Ronald McDonald (Delft, Netherlands) Author  M.Minderhoud