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Portrait Robert Janitz (© Carlo Riegger)

 

Farbe ist wie Pfannkuchenteig

Die Bilder von Robert Janitz sind einfach da. Sie verhalten sich gegenüber dem Betrachter in nobler Zurückhaltung, sie drängen sich nicht auf. Sie verkünden keine Botschaften, noch wollen sie provozieren oder etwas postulieren. Sie strahlen dafür Klarheit, Sensibilität und Persönlichkeit aus, sie erzählen Geschichten, ohne dass irgendetwas konkret dargestellt ist, sie erzeugen mit wenigen malerischen Mitteln einen geistigen Raum. Der in New York lebende Deutsche verfolgt seit Jahrzehnten jenseits der üblichen Karriere-Wege eine völlig eigenständige Form der Malerei. Die Kunstszene hat den 53jährigen erst vor kurzem entdeckt und zum Shooting-Star erklärt. Die Galerie Meyer Rieger richtete Janitz 2014 in ihrer Berliner Dependance die erste Einzelausstellung in Deutschland aus. Nun sind zehn seiner Bilder in der Karlsruher Stammgalerie zu sehen.

Robert Janitz wurde 1962 im hessischen Alsfeld geboren. Seine Bewerbung bei der Frankfurter Städel-Schule wurde abgelehnt. Daraufhin studierte er Sanskrit, meditierte und übte Bogenschießen. Anstatt – wie alle anderen – nach Berlin oder Köln zu gehen, sich mit Palermo, Polke oder Kippenberger auseinanderzusetzen, zog er 1994 nach Paris, wo er sich für das französische Informel interessierte. In der alten Geburtsstadt der Moderne traf Janitz auf den koreanischen Maler Hyun Soo Choi, der ihn in chinesischer Tuschemalerei unterwies. 14 Jahre blieb er in der französischen Metropole, lernte „richtig“ französisch, unterrichtete. Doch fand seine Malerei nur wenig Anerkennung; 2009 entschloss er sich für einen Neustart in New York. Wie sich herausgestellt hat, war das keine schlechte Idee. Junge erfolgreiche Künstler suchten seine Nähe, Peter Schjehldahl, der Chefkritiker des „New Yorker“, lobte die „passionierte Lässigkeit“ seiner Werke.

Passionierte Lässigkeit, die steht auf keinem Lehrplan und kann auch nicht plagiert werden. Bereitwillig gibt der Künstler Auskunft über seine Malweise. Da er die Farbe sehr dünnflüssig verwendet, legt er die Leinwände auf den Boden. Mit einem Besen streicht er die Farbe in Bahnen auf. Die zarten Linien und Abdruckspuren entstehen durch das Verdunsten der Mal-Mixtur, der er gelegentlich Mehl beimischt, das auf der Leinwand aufquillt. Der kalkulierte Zufall ist für den Künstler eine wichtige Instanz. Obwohl die von ihm erzeugten Farbtöne sich meist als Erinnerungen an Dinge oder Erlebnisse erwiesen haben, ist es für ihn dennoch von Bedeutung, Farbe als ganz banales Material zu begreifen. Sie sehe doch eigentlich aus wie Pfannkuchen-Teig oder verstrichene Butter, sagt er. Diese Assoziation habe ihn angesichts der langen Tradition der Malerei von erdrückenden Ansprüchen befreit.

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Rober Janitz – Nicht üben, machen! (Installation view Meyer Riegger Karlsruhe, 2015)

Im vergangenen Sommer verbrachte er zwei Monate in Klausur auf dem Land, außerhalb von New York, um sich die Atmosphäre verschaffen, die er für seine Arbeitsmeditationen braucht. Dazu gehören Filme, Musik und Lektüre. Letztere verschafft ihm auch die Titel. Satzfragmente, die ihm gefallen, tippe er in sein Smartphone, sagt er. Die stehen ihm dann zur Verfügung wie die in unterschiedlichen Farben vorab grundierten Leinwände. „Cinema doesn’t need actors who play““, das Kino braucht keine Schauspieler, die spielen, lautet der doppeldeutige Titel eines Bildes mit schwarzem Grund. Die Titel haben ein Eigenleben wie auch die Bilder mit ihren matten Farben und feinen Strukturen. Das Miteinander ergibt sich, wie sich auch im realen Leben vieles ergibt.

Einfachheit, Struktur, Realität, Atem, diese vier koreanischen Grundsätze haben sich für den Künstler als gute Wegweiser erwiesen. In einem Text, den Robert Janitz für die Ausstellung in Karlsruhe geschrieben hat, denkt er darüber nach, wie sich seine Ideen für die Präsentation ständig gewandelt hätten, und dass es ehrlicher gewesen sei, sie wieder zu verwerfen. „Ich glaube, es hat damit zu tun, wie das Spontane mit den versteckten Wegen unseres Denkens zusammenhängt“, heißt es da zu der Halbwertzeit von Ideen. Diese Bemerkung ist womöglich derzeit spannender als jede These, jedes Manifest oder jedes gut gemeinte Programm.

Carmela Thiele

(Portfolio https://www.torial.com/carmela.thiele)

Der Text erschien in gekürzter Fassung in den Badischen Neuesten Nachrichten.

Bilder: Rober Janitz – Nicht üben, machen! (Installation view Meyer Riegger Karlsruhe, 2015) 

 

AUSSTELLUNG

Robert Janitz
Nicht üben, machen!

Bis zum 24. Oktober

www.meyer-riegger.de

76137 Karlsruhe

Klauprechtstraße 22,

Öffnungszeiten: Di–Fr 11–18 Uhr, Sa 11–14 Uhr