Henryk Goldberg wundert sich über deutsche Gerichte

Das Leben ist ein hohes Gut. Es wird in Deutschland geschützt mit aller Konsequenz.

Zum Beispiel das Oberlandesgericht Naumburg. Das hat jetzt in letzter Instanz den Direktor des Magdeburger Zoos und drei seiner Mitarbeiter rechtskräftig verurteilt. Sie hatten drei gesunde Tigerbabys getötet, weil diese nicht rassenrein waren. Die Angeklagten wurden verwarnt, verurteilt zu einer Geldstrafe auf Bewährung und müssen jeder mehrere hundert Euro an gemeinnützige Organisationen zahlen.

Zum Beispiel das Sea Life Center Konstanz. Dort weiß man, was sich gehört und will Anwürfen aus dem Wege gehen. Die Krake Paula hat beim Tippen der Fußball-WM jetzt dreimal versagt und wurde aus dem Wettbewerb zwischen acht deutschen Tintenfischen genommen. Sie hätten, heißt es, Paula aus gesundheitlichen Gründen aus dem Wettbewerb genommen. Der Tintenfisch werde in Quarantäne beobachtet und betreut.

Zum Beispiel das Landgericht Mühlhausen. Das verurteilte einen 20-Jährigen wegen eines tödlichen Faustschlages auf Bewährung. Es wäre aber ungerecht zu sagen, die Urteile wegen der Tötung eines Menschen und der dreier Tierkinder seien gleich ausgefallen. Erstens waren es drei (3) Tierkinder und nur ein (1) Mensch. Und zweitens muss der Totschläger tausend Euro an die Eltern seines Opfers zahlen. Das sind schließlich einige Hundert Euro mehr als die Tiermörder.

© Henryk Goldberg

erschienen in Thüringer Allgemeine, 07.07.2011

Bild: Justitia (Marten van Heemskerck)