Der Sack und der Esel

Henryk Goldberg braucht einen Beziehungscoach

„Ich würde“, schreibt Gertraud, die ich nicht kenne an Guido, den ich auch nicht kenne, „Herrn Goldberg sofort als Freund entfernen“. Und der Anlass für diese äußerste Maßnahme waren die harmlosen – und im Übrigen der Themen-Not geschuldeten – Zeilen über meine Freundschaft mit „Erfurter Weihnachtsmarkt“ auf Facebook. (siehe Text unten)

Dabei, ich hatte nur mitgeteilt, dass ich facebookmäßig mit Guido Rohm befreundet bin und ihn nicht kenne. Aber eigentlich kenne ich ihn besser als Gertraud. Denn Guido, der nicht nur Bücher schreibt sondern auch ein listiger Mann ist, würde niemals – niemals! – einem  die Freundschaft kündigen, der über ihn schreibt. Und Witz hat der Guido auch, denn was antwortet er der strengen Gertaud? „ … aber noch soll ihm die Möglichkeit bleiben, unsere Freundschaft mit einer lobhudelnden Rezension zu beleben“. Der alte Fuchs. Der wird mich noch dazu bringen, ein Buch zu lesen.

Aber den Ludger, den hat es wirklich getroffen. Ich ginge ihm nämlich, so schreibt der Ludger, mir stockt der Atem, „auf den Sack“. Ich weiß schon, manche hauen den Sack und meinen den Esel.

Aber der Runhard, den ich wirklich kenne, wies Gertraud zurecht. Und nun will Gertraud mit mir befreundet sein!  Ich bin verwirrt. Ich werde einen Beziehungscoach  fragen, ob ich ihr verzeihen soll.

Henryk Goldberg in Thüringer Allgemeine, 25.11.2011

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43 Freunde müsst ihr sein

Henryk Goldberg freut sich über einen neuen Freund

Wie viele Freunde haben Sie? Was, drei oder vier? Na, Sie sind aber altmodisch. Ich habe 43. Echt.
Jedenfalls behauptet das Facebook. In einem Anfall kollektiver Psychose haben wir hier uns fast alle da angemeldet. Was soll man machen, man ist ja modern. Oder mindestens muss man so tun in dem Beruf.

Und weil die Freunde meiner Freunde meine Freunde sind, werden es immer mehr. Gut, Polly Esther kenne ich wirklich, Harry Weghenkel auch und die Kollegen sowieso. Guido Rohm aber, zum Beispiel, habe ich noch nie gesehen. Aber ich bin sein Freund, was soll ich machen.

Jetzt wollen aber auch Marion aus Berlin und Christian aus Arnstadt mit mir befreundet sein. Und wenn ich ja sage, werde ich aufgefordert, ihnen zum Geburtstag zu gratulieren.

Jetzt gibt es eine neue Freundschaftsanfrage. Da werde ich mir den Geburtstag gut merken können. Denn mein neuer Freund, sagt er, wurde geboren am 24. Dezember 1989. Und er heißt Erfurter Weihnachtsmarkt. Doch: „Erfurter Weihnachtsmarkt möchte mit dir befreundet sein.“ Da bin ich aber echt froh. Da hat der gute alte Kumpel es trotz des Stresses, den er gestern hatte, doch noch geschafft. Nur mit seinem Geburtstag, da stimmt was nicht. Den alten Jungen kenne ich doch schon seit meiner Kindheit. Oder schämt er sich, weil er damals schon dabei war?

Henryk Goldberg in Thüringer Allgemeine, 24.11.2011

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