George Clooney machte einmal einen Witz. Jetzt hat ihn die plastische Chirurgie ernst genommen – und die amerikanischen Männer. Aber lesen Sie selbst.

Wenn George Clooney gut gelaunt ist, dann macht er Witze, sobald ihm jemand ein Mikrofon vors Gesicht hält, er kann nicht anders. Als er 2008 vom Magazin «Esquire» interviewt wurde, da sagte er auf die Frage, wieso eigentlich alle seine Ex-Frauen sofort in Vergessenheit geraten, wenn er sie verlässt: «Oh, das ist so, weil ich sie aufesse.» Und die Frage, ob er Haartransplantate habe, beantwortete er mit nein, im Gegenteil, sein Problem sei nicht ein zurückweichender Haaransatz, sondern ein heftig voranschreitender. Und ja, einer Form der plastischen Chirurgie habe er sich schon unterzogen, er habe nämlich schon einmal seine «Eier gebügelt». «Ball Ironing» heisst das auf Englisch, wer da die «Irony» nicht mithört, muss taub sein. Aber «Esquire» glaubte Clooney sofort.

Andere dachten sich, hm, Eier bügeln, gute Idee, wieso sind wir da nicht schon drauf gekommen!? Schließlich ist der Menschheit in den letzten Jahren ja schon sehr viel Blödsinn eingefallen, was sich zwischen den Beinen alles so verkleinern, vergrößern, enthaaren, bleichen, zurechtlasern lässt, es gibt da ja keinen Quadratmillimeter mehr, dem nicht irgendeine Art der Optimierung angetan werden könnte, und das zweite Gesicht, das man einander beim Sex zeigt, sollte gefälligst wie das erste ebenfalls vor jugendlicher Unverwelktheit strotzen. Noch nie konnte der Mensch so leicht so viel in eine Idealisierung seines Körpers investieren wie heute, und das, was nun George Clooney spaßeshalber angeleiert hat, das ist sogar besonders günstig, es kostet den Mann knappe 575 Dollar.

Nurse Jamie liebt TV-Serien

Eine diabolisch wirkende Beauty-Expertin namens Nurse Jamie aus Santa Monica, deren Stirn gebotoxt und deren Nase verkleinert sein muss, ist dieser Tage nämlich die Sprecherin und Avantgardistin des Eierbügelns, und bei ihr kostet es nun einmal 575 Dollar im Sonderangebot. Wie der hartnäckigste aller Zombies kommt sie einem aus den Tiefen der globalen, medialen Sommerlöcher entgegengekrochen, notorisch bekannt für ihre Hollywood-Star-Treatments war sie schon länger, kürzlich enthüllte sie der «Mail online» ihre neuste Behandlungsmethode, jetzt ist sie damit auch in der «Huffington Post» und auf «Salon.com». Mit vollem Namen heißt sie Jamie Sherrill, aber in Anlehnung an die TV-Serien-Krankenschwester «Nurse Jackie» nennt sie sich eben Nurse Jamie. Und weil die Nurse Jackie von Edie Falco gespielt wird, die wiederum in den «Sopranos» die Gattin von Tony Soprano spielte, heißt eine der Behandlungsmethoden von Nurse Jamie «Soprano XL». Es ist in ihrem Universum eben alles voller Fiktionen. Ob es sich nun um televisionäre oder physische handelt.

Nurse Jamies großer Hit, den sie vor einem Jahr lancierte, die Sache mit dem Bügeln eben, beinhaltet: Haarentfernung, Entfernung von Pigmentflecken und Hautunebenheiten und eine «umfassende Straffung der Haut, Sie wissen schon, wo…». 6-mal 70 Minuten dauert die ganze Prozedur, alles wird mit Laser gemacht, es muss wehtun wie die Hölle, Nurse Jamie nennt es in dominahafter Manier «to tighten the tackle», etwa zu übersetzen mit «Das Geschirr festzurren», und es sei besonders beliebt bei Herren aus Chefetagen, die vor einem großen öffentlichen Auftritt das Gefühl brauchen, restlos alles für ihr Erscheinungsbild gegeben zu haben. Und überdies durch Schmerz gestählt zu sein.

Herr Clooney und Herr Pitt

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Mr. Clooney – frisch gebügelt?

40 Prozent ihrer Kundschaft, sagt Nurse Jamie in der «Daily Mail», seien heutzutage Männer, und sie kämen öfter als Frauen, seien ihr treuer und ihre Behandlungen teurer. Und vielleicht ist es ja im Kern dies: Daß Eierbügeln nämlich gar nicht als kosmetische Notwendigkeit betrachtet wird, sondern als neue Sadomaso-Technik. Another shade of pain. Die Szene wird es Clooney danken. Vor Gesundheitsrisiken wird übrigens gewarnt, die Website «Medical Daily» berichtet, Ejakulationen könnten durch die Behandlung nach hinten losgehen, also nach innen statt nach außen, was der Fruchtbarkeit nicht gerade zuträglich ist.

Zum Schluss noch schnell zurück zu jenem weichenstellenden Interview, das Clooney dem «Esquire» damals gab. Besonders hübsch war nämlich auch seine Antwort auf die Frage, ob ihn und Brad Pitt denn mehr als eine normale Männerfreundschaft verbinde: «Ach, wissen Sie, wenn ich ein Mädchen wäre und er auch, und wenn ich dazu noch eine Lesbe wäre und er auch, dann könnte ich meine Hände wirklich nicht von ihm lassen.» Die Sache mit dem Eierbügeln, die könnten sich die beiden dann erst recht ersparen.

 

Simone Meier, Tagesanzeiger 17.07.2013

Bild: CC BY-SA 2.0 Nicolas Genin