Be Kind Rewind

Schon mal geschwedete Filme gesehen? Die beste Art von Remakes. Kann ich nur empfehlen. Kein Vergleich mit getürkten oder verdeutschten Filmen. Geschwedete Filme sind kürzer, schneller, lustiger und ärmer als die Originale. Dafür aber teurer, wenn man sie haben will. So ist das mit der Kunst.

Und kennen Sie Fats Waller? Wenn Sie Fats Waller nicht kennen und nicht mögen, dub-diduu, dann brauchen wir jetzt gar nicht weiterzumachen. Weil es nämlich um einen geschwedeten Dokumentarfilm über Fats Waller, dub-didu, geht. Sicher, es geht auch um die verhängnisvolle Wirkung von Elektrosmog auf die Gehirne von Leuten, die auf Autofriedhöfen leben. Um mediale Modernisierung und warum sie keineswegs nur positiv zu bewerten ist, schauen Sie sich doch Ihre DVD-Ausleihstelle an. Um Mia Farrow geht es auch; sie ist immer noch so entschlossen verhuscht. Um Sigourney Weaver; sie ist immer noch so entschlossen obertaff. Dass alles mit einer geschwedeten Version von »Ghostbusters« beginnt, hat so besehen gleich mehrere gute Gründe. Aber das wichtigste, wie gesagt, ist das Schweden von Filmen und Fats Waller.

Was soll das heißen, Sie verstehen nicht? Das hier ist eine geschwedete Filmkritik, und wer die nicht mag, versteht auch nichts von Fats Waller, dub-diidu. Aber bitte.

Also, wir sind in einem kleinen Ort namens Passaic in der Nähe von New York. In dem Haus, in dem vielleicht Fats Waller geboren wurde, befindet sich eine nicht besonders gut gehende Videothek. Wirklich, Videos, nicht diese neumodischen Silberscheiben. Sie gehört Danny Glover, Mos Def ist sein Assistent und Jack Black dessen Freund, der gerade mit einer Sabotage auf die örtliche Stromversorgung beschäftigt ist. Der große Zisch, der dabei entsteht, löscht alle Bänder, aber Mia Farrow will unbedingt »Ghostbusters« auf Video haben, weil – sonst wird sie es dem alten Meister sagen, der sich gerade wegbegeben hat. (Um die Konkurrenz zu studieren, aber das hat er nicht gesagt, sondern wieder einmal Fats Waller als Ausrede benutzt.) Das Haus soll nämlich abgerissen werden. Um die Kundin zu beruhigen, drehen die beiden »Ghostbusters« einfach noch mal. Muss aber schnell gehen. Wider Erwarten kommen die Remakes aus dem Laden »Be Kind Rewind« gut an, die beiden cineastischen Zauberlehrlinge kommen kaum nach: »RoboCop«, »2001«, »King Kong«, »Rush Hour 2«, »Driving Miss Daisy«… Alle wollen die »geschwedeten« Versionen. (Das »Schweden« hat übrigens nicht den geringsten tieferen Sinn, wie Michel Gondry erklärt, es ist nur ein schönes Wort, genau wie man auch statt Fats Waller einen anderen Musiker hätte nehmen können, aber dann hätte eben alles anders geklungen.) Die Abrissbagger stehen dann schon vor der Tür, als die Nachbarschaft sich im Videostore versammelt, um das Meisterwerk des geschwedeten Films zu sehen, nämlich die »Dokumentation« über Fats Waller, der eigentlich hier nie gewohnt hat, und an der sich alle beteiligt haben: Der große geschwedete Film ist der Film, an dem wir alle mitgedreht haben und in dem wir alle vorkommen. Der Rest ist eine Sache der Montage.

Deshalb wird aus der sehr sehr komischen Film-Spielerei auch eine sehr wichtige Aussage über die Zukunft des Kinos. Oder wenigstens eine von mehreren Zukünften. Nämlich die Rückeroberung des Mediums aus dem realen Lebensraum. Dann ist auch Fats Waller mitten unter uns, egal ob er wirklich hier gelebt hat. Und rettet uns vor Stadtplanern und langweiligen Blockbustern. Dub-di-duuu.

Autor: Georg Seeßlen