Als Jack und Ennis das erste Mal miteinander schlafen, da gibt es kein Werben und keine Zärtlichkeit. Es gibt nur ein kurzes Zögern, ein sekundenschnelles angstvolles Wissen, dass sie jetzt die rote Linie überschreiten, dann überwältigt es sie. „Ich bin nicht schwul“, sagt einer. „Ich auch nicht“, bestätigt der andere. Cowboys sind nicht schwul. Und genau das ist es wohl, was Ang Lees Film „Brokeback Mountain“ 2006 zum Gerede Amerikas, und also der Welt, werden ließ. Es ist nicht die amerikanische Prüderie als solche. Es ist, weil hier der amerikanische Mann schlechthin attackiert scheint. Denn der Westen wurde kolonialisiert mit der Winchester und dem Colt und richtigen Kerlen. Die legen Männer um und Frauen flach. Nirgendwo in der Welt ist der Mann so unfrei wie in einer Männer-Welt. Ang Lee inszeniert das mit viel Feingefühl, mit trauriger Gelassenheit und er hatte mit dem verstorbenen Heath Ledger und Jake Gyllenhaal zwei erstklassige Schauspieler. Gyllenhaal mit einem leisen femininen Hauch, Ledger verschlossen, kantig. Sie spielen lange so, dass niemand, der es nicht weiß, darauf verfiele, dies könnte eine schwule Liebesgeschichte werden.

Henryk Goldberg