Ein zweistündiger Dokumentarfilm von Sebastian Dehnhardt bringt sehenswert die Marke „Klitschko“ ins Kino. Und zeigt Boxen auch für Menschen, die Boxen eigentlich blöd finden.

Allerdings, ein wenig mehr Drama hätte der Regisseur inszenieren können. Die Situation des Boxers findet ihren Ausdruck in dem langen Gang zum Ring: Ein einsamer Mann inmitten der Menge, die ihm zujubelt auf dem Weg zur Richtstatt. Wer etwas über Boxen erzählen will, muss eigentlich diesen Gang der Gladiatoren erzählen. Kann sein, Dehnhardt hat auf diese dramatisierende Wirkung verzichtet, weil er ja eben das Gegenteil von Einsamkeit erzählen will: Die Gemeinsamkeit der Brüder. Die Geschichte der beiden Jungen, die ihrer Mama versprochen haben, nie gegeneinander zu kämpfen.

Und davon erzählt dieser Film im Eigentlichen. Von dem einen großen Jungen, der, noch im Ring, seine Mutter anruft, um ihr zu sagen, dass ihr anderer großer Junge wieder einmal gewonnen hat. Sie sieht die Kämpfe ihrer Söhne nie.

Boxen, die harten Szenen, wenn der Cutman seinen Wattebausch in der offenen Braue versenkt, wenn die Gesichter nachgeben unter den Fäusten, kommt auch vor, natürlich. Aber im Eigentlichen ist es ein Film über zwei Boxer für Leute, die sich eigentlich nicht so sehr für Boxen interessieren. Das hat Konsequenzen, denn ähnlich wie einst Henry Maske haben die Klitschkos dem Boxen in Deutschland das Schmuddelimage genommen. Allerdings, sie wirken beinahe zu sauber für diesen Sport. Das Spektakuläre der beiden Protagonisten eines Sportes, der vom Spektakel lebt, ist eben das Unspektakuläre. Das Schachspiel als Motiv ist Inszenierung, indessen: sie stimmt.

Irgendwann allerdings scheint der weichgespülte zweistündige Film ohne Dramaturgie und Dramatik auserzählt. Sehenswert bleibt er dennoch.

Die beiden, wenn sie wollten, könnten ein gigantisches Boxerdrama aufführen, Klitschko vs.Klitschko. Aber das will Mama nicht. Und wir Fans wollen es auch nicht.

© Henryk Goldberg

erschienen in Thüringer Allgemeine, 21.06.2011

Bilder: Majestic