Colts & Coffee

Costners „Weites Land“

Boss (Robert Duvall) kauft  Chocolade aus der Schweiz und Charley sucht
Porzellan aus, es ist für Sue (Annette Bening), falls sie es nicht schaffen
nachher.  Er liebt sie, doch jetzt ist die Stunde, und ein Mann muss tun,
was ein Mann tun muss.

Diesen Satz von dem Mann und der Pflicht mag so selbstparodistisch klingen
wie er will, doch es ist der Satz, um den herum noch jeder Western
geschrieben wurde, im Übrigen auch der Satz, um den herum Amerika gebaut
wurde.  Ohne diesen Satz funktionieren weder Amerika  noch das  Genre, das
es erklärt.

Das Genrekino wurde immer mal wieder für tot erklärt und immer mal wieder
animiert. Letzthin der Sandalenfilm (Gladiator), der Seekriegsfilm (Master
and Commander
) und jetzt eben der Western. Kevin Costner erzählt, als
Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller, eine Geschichte  böser Farmer,
gute Cowboys , die sich auch in 90 Minuten erzählen ließe, er benötigt  130.
So erfahren wir, dass der Kaffee scheußlich war, der Sturm eklig und wie ein
Regen eine Stadt verschlammt. Das ist alles wahr, aber keine Sau geht der
Wahrheit wegen in einen Genrefilm.  Bereits Peter Weir hatte wohl das
Gefühl, er müsse Realismus gegen die Seefahrerromantik setzen, so wie Kevin
Costner jetzt gegen die Cowboyträume. Nur Ridley Scott hatte mit Gladiator
einfach einen guten Sandalenfilm machen wollen und sonst gar nichts  und
deshalb ist er der beste der neuen Genrefilme.

Kevin Costner inszeniert schönes weites Land, und im Übrigen einen
konventionellen Western. Leider mit Verzicht auf die Riten des Tötens und
Sterbens, die aber gehören dazu. Einmal muss ein Mann schon ziehen.
Einmal schnallt Charley in der Küche den Colt ab und macht das Frühstück für
Sue. Ein Mann muss eben tun, was ein Mann tun muss. Auch wenn es schwer ist.

Autor: Henryk Goldberg

Text geschrieben  2004

Text: veröffentlicht in Thüringer Allgemeine

Bildquelle: Universum (UIP)