Wim und wie er die Welt sieht

Einmal da schaut Lana, als sie im Land of Plenty angekommen ist,  auf das
Million Dollar  Hotel. Dort hat, wir erinnern uns, Dixie gewohnt. Dixie, der
der fünfte Beatle war und ein Lied geschrieben hat, das Yesterday heißt, was
aber außer ihn niemand weiß. Auch Paul, Lanas Onkel, und Jimmy könnten dort
wohnen, wenn sie nicht schon diese alte Bude hätten. Leben tut Paul in einem
Kleinbus, der aussieht wie Tom Clancy für Arme, was ja auch stimmt: arm im
Geiste. Denn Paul, in Vietnam einer von zwei Überlebenden seines
abgeschossenen Flugzeuges, jagt nach 9/11 die Feinde Amerikas. Er
verdächtige Kartons mit Bleichmitteln, transportiert von verdächtigen
Arabern. Und Lana, die Tochter seiner toten Schwester, will ihm den letzten
Brief ihrer Mutter überbringen und therapiert ihn durch Zuneigung.

Wim Wenders, einmal ein wunderbarer Filmemacher, arbeitet mit Land of Plenty
seine Wut, seine Trauer ab, die ihn befällt in Betrachtung der Paranoia
seiner Wahlheimat Amerika. Mag sein, dass ihn das hilft, dem Film nicht.
Wenders ist gnadenlos didaktisch in seinen Texten (Mein Heimatland fühlt
sich so fremd an), er kann, oder will,  Haltung immer weniger in Handlung
übersetzen. Da Paul eine direkte Allegorie der USA ist, beobachten wir ihn
schläfrig bei seinem sinnfreien Räuber-und Gendarm-Spiel in der
Endlosschleife. Aber Wenders hat einen Status, dass die Gemeinde nur  noch
fragt, wie Wim die Welt sieht.

Autor: Henryk Goldberg

Text geschrieben  2004

Text: veröffentlicht in Thüringer Allgemeine