Büroarbeit für alle. Faust als Comic: Wie ein intelligenter Schwarzweiß-Film.
Also, es ist so. Der Chef hat kein Backup gemacht und deshalb muss ihm ein Subalterner helfen. Dabei entdeckt er die Personaldatei vom Chef und bemerkt, dass der Alte kaum noch Anhänger hat. Daraus entwickelt sich eine außerordentlich ernste Geschichte.
Nämlich. Der Faust, der Taxi fährt, hat die Charlotte von Stein, den Pudel von dem Wagner, plattgemacht. Der Wagner, der Rollstuhl fährt, ist schwarz, behindert und ein böser Mensch. Und jetzt will der Wagner die Margarethe küssen. Der Chef oben aber will das nicht, weil, es wäre eine Abkehr vom rechten Weg. Deshalb hilft der Meph dem Faust dabei und der Chef schickt immer mal eine Explosion oder einen Herzkasper von oben. Schließlich, eine tote treue Seele ist wertvoller als eine lebendige abgefallene. Die Mutter von der Margarethe möchte, dass die Tochter Ölzelm heißt, sie ist eine bitterböse Türkin und baut darauf, dass der Bruder der kleinen Schlampe schon zeigen wird, wo Allah wohnt. Es wird ihm aber von Meph gezeigt, der Bruder verunfallt, die böse Türkenmutter geht mit Herzkasper ab, nachdem sie ein Religionsgespräch mit dem Taxifahrer führte, worauf sie vom himmlischen Paketdienst über den Styx gerudert wird.
Allah, mit dem die türkische Margarethe das vertrauensvolle Gespräch sucht, empfiehlt ihr, ordentlich einen drauf zu machen und in die Kneipe zu gehen. Im nächsten Bild fragt ein Mann mit Bart und Turban den Meph, der am Computer sitzt „Ey! Was machst du in meinem Büro?!!!“ Bei einer weiteren Zwiesprache mit dem einen Gott sagt der am Ende, nun wäre auch der Kollege wieder im Büro, und ob sie den noch zu sprechen wünsche: Gott der Herr hatte sich mal eben Zugang verschafft zum Büro des Allerhalters. Wettbewerb der monotheistischen Monopole. Der türkische Bräutigam ist am Ende nicht wirklich traurig über das Ableben der Braut, er wollte nie wirklich heiraten.
Und das Publikum muss auch nicht traurig sein über das vom göttlichen Terroristen verursachte Ableben der beiden Liebesleute, nur etwas resignativ vielleicht. Denn Himmel, Hölle und den ganzen Kram, erfahren die beiden oben am Tor, gibts gar nicht. Nur Büroarbeit für alle, schließlich, die Schöpfung muss verwaltet werden. Da kann einer schon trübsinnig werden.
Einen Comic kann man eigentlich nicht erzählen, denn die Zeichnung ist ein Teil der Erzählung. „Faust. Der Tragödie erster Teil“ von Flix, der eigentlich Felix Görmann heißt, hat Witz, einen, der sich in der Einheit von Wort und Bild erschließt – und nur dem erschließt, der das Original und seine Situationen kennt. Das ist inszeniert wie ein intelligenter Schwarz-Weiß-Film, mit Hell-dunkel-Kontrasten, mit Nahaufnahme und Totale, mit expressiven Dialogen und leisen und mit Pointen, die sich aus dem Bild ergeben. Und mit einem Witz, der nie zynisch, nur ironisch ist. Oder, wie Meph so richtig sagt: „Ich mag Sie. Sie sind lustig“
Text: Henryk Goldberg
Bild: Carlsen Verlag
Text erschienen in Thüringer Allgemeine
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