Iwans Kindheit, 1962

Leerer Raum

Zivilisation und Barbarei fallen in eines in dieser Welt, die Andrej Rubljow durchwandert und durchleidet. Das Antlitz Christi hier zu schauen ist schwer und tröstliches zu sagen auch. So schweigt der Maler, auch mit dem Pinsel. Das war keine Haltung mit der sich reüssieren ließ 1966 in der Sowjetunion. Nicht der Maler, der Künstler, der eigensinnig seine Individualität sucht, nicht die Welt, die überzogen ist von lastender Hoffnungslosigkeit. So blieb dieser Film von Andrej Tarkwoski fünf Jahre ungezeigt, so begannen, nach dem furiosen Start mit „Iwans Kindheit“, Tarkowskis Erfahrungen mit der Zensur. Die bewogen ihn, 1983 das Land zu verlassen er hat diese existenzielle Trennung von seinem Ursprung nur drei Jahre überlebt und starb, 54 Jahre alt, in Paris.

Tarkowski lebte die russischen Tradition des Künstlers. So wurden seine Filme, die kein Ost-West-Problem kannten, nur ein Zivilisationsproblem, zunehmend enigmatisch, so gerieten sie zu beinahe meditativen Assoziationsräumen. „Solaris“ (1972), darin die Menschen ihrer vergegenständlichten Vergangenheit begegnen, „Stalker“ (1979), darin sie in der toten Zone einen sakral aufgeladenen Raum suchen wie das Land der Verheißung. Dass er nicht wusste, wo dieser Raum, dieser Lebensraum, zu finden sei, dass er vielmehr dessen Leere ahnte, das machte seine Filme so dunkel.


Autor: Henryk Goldberg

erschienen am 29.12. 2002 in Thüringer Allgemeine, zum 70. Geburtstag von Andrej Tarkowski

Nostalghia, 1983


Andrej Tarkowski starb am 29.12.1986