Durch Zufall traf Serge Bromberg 2005 in einem Fahrstuhl auf die Witwe von Henri-Georges Clouzot. Bromberg erhielt deren Zustimmung zu einer dokumentarischen Rekonstruktion der Umstände, unter denen das ungeborene cineastische Meisterwerk „L’enfer“ entstand. 185 Dosen Archivmaterial und ein Tonband standen ihm zur Verfügung.
1964, die Novelle Vague hatte fünf Jahre zuvor Meisterwerke, wie „Sie küssten und sie schlugen ihn“, Außer Atem“ und „Im Zeichen des Löwen“ erschaffen. Clouzot sah sich unter Zugzwang, doch die Improvisation der Novelle Vague war ihm fremd. Dennoch wollte er eine neue Ausdrucksweise im Film schaffen. Laut Clouzot hatte der Film mit der Kunst in seiner Entwicklung nicht Schritt gehalten und er beabsichtigte diese Lücke zu schliessen. Er wollte ein Abbild der Kunst schaffen. Die Plot des Films war relativ simpel. (Ehepaar übernimmt ein Hotel, Mann leidet an krankhaften Eifersuchtsanfällen.) Doch Clouzot wollte diese Angst, diese Wut fühlbar machen und so experimentierte er mit seinem Team, spielte mit Farbfiltern, Farbinversionen (grau und lila geschminkte Darsteller), Spiegeln und näherte sich der Op-Art. Dieses ausufernde künstlerische Schaffen konnte nur geschehen, da Columbia nahezu unbegrenzte finanzielle Mittel in Aussicht stellte. Nach mehreren Monaten des Ausprobierens kam dann das mittlerweile auf Hollywoodgröße angewachsene Team am Drehort an. Drei Filmteams versammelte Clouzot (u.a. Kameramänner wie Armand Thirard und Claude Renoir und als Regieassistenten Costa-Gavras) um sich. Das Ehepaar Odette und Marcel Prieur sollten Romy Schneider und
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Serge Reggiani mimen. Natürlich war auch der Zeitrahmen begrenzt, da der See, an dem das ganze spielte, geleert werden sollte. Um so knapper die Zeit wurde, desto fordernder wurde der Meister. Alles musste bereit stehen, auch wenn Clouzot mitten in der Nacht eine Idee hatte. Sein Perfektionismus und sein forderndes Wesen taten ihr Übriges um den Film an den Abgrund zu manövrieren. Die enorm angespannte Arbeitsatmosphäre lies Reggiani nach kurzer Zeit die Flucht ergreifen (unter dem Vorwand einer Krankheit). Clouzot wollte die Rolle noch mit Jean-Louis Trintignant besetzen, aber dieser lehnte ab. Das definitive Ende des Films war nach drei Wochen erreicht, als der Regisseur einen Herzinfarkt erlitt. Was Bromberg aus dem Material gemacht hat? Nichts Besonderes! Es wird als Archivmaterial gezeigt, Wegbegleiter( u.a.Costa Gavras) kommen zu Wort und Szenen werden nachgespielt (verdammt peinlich und auch unnötig). Das, was Clouzot mit „L’enfer“ erreichen wollte, schaffte er teilweise in seinem letzten Film, „Seine Gefangene“. Die Story wurde von Claude Chabrol 1994 nochmal aufgegriffen und zu einem kühlen Remake verfilmt, aber die Rohfassung des Films fristet sicher im Tresor einer Versicherung ihr Dasein. Aber immerhin sieht man hier zum ersten mal was Clouzot vorhatte und wie revolutionär und bahnbrechend es hätte sein können.
Andre Thaetz
DVD-Cover und Szenenfotos: © Arthaus
L’enfer d’Henri-Georges Clouzot (Frankreich 2009, Regie: Serge Bromberg, Ruxandra Medrea)
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