Die glorreichen Vier

Die Opas fechten’s besser aus: Clint Eastwood und seine fröhlichen “Space Cowboys”

Damals haben sie drei Maschinen in zehn Monaten zerlegt. »Count down auf eins« verständigten sich die Jungens, dann ließen sie es krachen. Aus 34 000 Metern Höhe. Es war das Training für einen nicht stattfindenden Wettkampf. Vierzig Jahre später, es ist das Training für einen nun doch statt findenden Wettkampf, kennen sie das Codewort noch. »Count down auf eins« und die alten Männer hetzen die letzte Runde um die Bahn. Einige Tage später ist es kein Training mehr. Einer der beiden Kumpels wird, sechs Atomraketen an der Seite, Richtung Mond fliegen und er wird nicht wieder kehren. »Count down auf eins« sagt der eine und es klingt wie eine Liebeserklärung. Dann zünden sie das Triebwerk. So sind Männer.

Clint Eastwood ist einer der härtesten Männer, die je über eine Leinwand ritten. Und als er in die Jahre kam, wo solche Geschichten gemeinhin aufhören, da erzählte er sie einfach weiter. Nicht, indem er sein Alter verbarg: indem er es herzeigte. Was aus den jungen Männern so wird, wenn sie alte Männer geworden sind, und wie das gar nicht so schlimm ist, wenn man es richtig macht. Und weil er dieses Glück des Alters auch Anderen gönnt, hat er sich ein Team von Kollegen engagiert: Donald Sutherland, James Garner, Tommy Lee Jones.

»Wer immer diese Steinzeit-Antiquität erfunden hat«, sagt ein junger Mensch in der NASA, der amerikanischen Weltraumbehörde, »klopft heute Steine in Sibirien«. Das ist ein Irrtum. Der Mann steht in seiner amerikanischen Garage auf und küsst seine Frau, die beinahe so alt ist wie er. Und wie damals, als John Malkovich den Präsidenten ermorden wollte, ist er noch immer des bessere Mann, wenn es darum geht, sich »In the line of fire« zu werfen.
Denn irgendwo da oben ist ein russischer Satellit außer Kontrolle geraten und er fliegt mit jener Technologie, die Frank damals entwarf. Und verantwortlich ist jener Mann, der Frank und seine Crew damals daran hinderte, als erste ins All zu fliegen. Sie nahmen damals Marie Anne, eine Äffin. Jetzt werden sie Frank nehmen müssen, einen alten Mann.

Yul Brunner hat damals seine sechs Glorreichen so eingesammelt, wie Clint Eastwood nun seine drei. Einer ist in der Kirche, wo er als Prediger das Alte Testament immer noch nicht so ganz beherrscht. Einer ist auf dem Flugplatz, wo er als Pilot vergnügungssüchtigen Menschen das Kotzen lehrt. Einer ist auf dem Rummel, wo er als Achterbahn-Bauer immer noch einen Looping sucht. Das sind die »Space Cowboys«. »The ripe stuff« titelt eine Zeitung.
Als die geriatrische Crew in einer Talkshow ist, fragt der Moderator, ob sie gedient hätten. Gewiss. Und, fragt er weiter, bei den Nord- oder den Südstaaten? Die amerikanischen Sezessionskriege endeten 1865.

Es ist diese Selbstironie, die diesen Film seinen Charme zuwachsen lässt. Die melancholische Heiterkeit, mit der vier einst prachtvolle Jungens ihre faltigen Hintern in die Kamera halten und dann doch zusammenzucken, wenn die junge Ärztin kommt. »Ich mag blind sein«, flüstert einer von ihnen nach dem Sehtest, »aber mein Gedächtnis arbeitet perfekt«, da hat er die Reihenfolge der Buchstaben, die er nicht einmal im Umriss erkennt, auswendig gelernt. So ist dieser Film, anders als die früheren, komischer als er spannend ist, so ist die Alters-Geschichte unten besser als die Rettungs-Geschichte oben. Nichts wirklich Wichtiges, aber ein entspanntes, intelligentes Vergnügen.

»Oh Herr, bitte lass uns keine Scheiße bauen« betet James Garner vor dem Start. So geschieht es.

Autor: Henry Goldberg

geschrieben 2000

Text: veröffentlicht in Thüringer Allgemeine

Bilder: Warner