Neapel im Kino – also mal wieder ein Mafia-Epos? Denkste! Eine Liebeserklärung. Sie stammt von John Turturro, der sich hier einmal nicht als skurriler Schauspieler (wie etwa in „Barton Fink“) präsentiert, sondern als Regisseur, und nebenbei, ein Schauspieler muss wohl vor die Kamera, als so etwas wie der Maitre du Plaisier.

Interessant: Turturro hat zwar italienische Wurzeln, aber keine in Napoli. Apulien und Sizilien sind die Gegenden, aus denen seine Vorfahren stammen. Kein Wunder, dass man in diesen Regionen etwas säuerlich auf Turturros „Bella Napoli“-Postkarte reagiert. Derart idyllisch wirkte die Stadt, von der aus es alljährlich für Hunderttausende per Boot nach Ischia und Capri geht, seit der Jugend von Sophia Loren („Es begann in Neapel“) nicht mehr im Kino. In der Realität wirkt sie ohnehin nicht so.

Mafia-, Müll- und Metrobau-Probleme, die Themen der Neapolitaner, interessieren Turturro nicht. Hier geht es um Lieder der herrlich verrückten Stadt und ihrer genauso herrlich verrückten Bewohner. Sie werden mit inszenierten Musikstücken verschiedener Künstlerinnen und Künstler, mit Interviewschnipseln und Archivmaterial gefeiert. Zufällig wirkende, aber garantiert klug inszenierte Alltagsbeobachtungen ergänzen das Puzzle. Der Film erinnert an ein altes Kinderspielzeug, das Kaleidoskop. So, wie man dem durch leichtes Drehen immer wieder neue Zauberbilder entlocken konnte, fliegt Turturro mit Kamera und Mikrofon mal hierhin, mal dorthin und entlockt Neapel den Zauber eines Ortes andauernder Wunder.

Wer Neapel liebt, wer Italienisch versteht, vielleicht sogar ein wenig des Dialekts der vielbesungenen Stadt, wird seine helle Freude haben. Der Film wird nicht in die Kunstgeschichte eingehen. Will er auch nicht. Aber: Die Lebensfreude, die er vermittelt, ist einfach köstlich!

Peter Claus

Passion!, John Turturro (Italien, USA 2010)

Bilder: MFA