Der Algerier Bachir Lazhar (Fellag) hofft in Kanada auf politisches Asyl. Einen Job als Lehrer ergattert er schon mal. Doch das ist ein besonderer Job. Seine Vorgängerin hat sich nämlich per Suizid aus dem Leben genommen. Die Klasse ist geschockt, ja, traumatisiert. Der Zugang zu den Kindern ist also besonders schwer herzustellen. Doch Bachir hat langsam Erfolg. Den Elf-/Zwölfjährigen geht es mit der Zeit besser. Aber er selbst? Niemand ahnt, welche inneren Kämpfe er auszustehen hat. Wird er sich selbst helfen können?

Der in diesem Jahr für den „Oscar“ nominierte Film von Regisseur Philippe Falardeau basiert auf einem Theaterstück. Das ist gelegentlich zu spüren, was der Qualität keinen Abbruch tut. Diese Qualität resultiert insbesondere aus dem intelligenten Nachdenken über Probleme des Mit- und Gegeneinanders verschiedener Kulturen. Was mit großen Emotionen aufgeladen ist. Die Bildsprache ist dabei angenehm zurückhaltend, fast sachlich. So wird ein Abdriften in Gefilde des Kitsches vermieden. Wozu auch sämtliche Darsteller beitragen. Und: es wabert keine billige Musiksauce, die das Publikum unentwegt einlullen soll. Höchst angenehm! Schön auch die leise Ironie. Da gibt es zum Beispiel die Lehrerin Claire (Brigitte Poupart). Sie möchte, dass Monsieur Lazhar von seiner Vergangenheit berichtet, meint es nur freundlich, und merkt nicht, wie gutmenschelnd falsch ihre Zuwendung anmutet.

Schärfe erreicht der Film, wenn er sich mit dem Behördenalltag auseinandersetzt. Bachir  muss erleben, dass ihm das Faktum einer politischen Verfolgung abgestritten wird. Wie er dabei um Fassung, um Worte und um Haltung ringt, macht einem beklemmend klar, was es bedeuten kann, wenn man anonymen Vertretern der Demokratie, die „doch nichts als die Arbeit machen“ ausgeliefert ist. Selten gelingt es Kunst, die Verlorenheit eines Fremden derart intensiv darzustellen. Großes Kino!

Peter Claus

Monsieur Lazhar, von Philippe Falardeau (Kanada 2011)

Bilder: Arsenal