Matt Damon war in den letzten zehn Jahren drei Mal Jason Bourne, so etwas wie ein unfreiwilliger James „007“ Bond. Das war recht spannend. Und brachte die Kassen gut zum klingeln. Einen vierten Einsatz als Ex-Regierungskiller in Nöten, der das eigene Woher und Wohin nicht wirklich kennt, wollte Damon jedoch nicht absolvieren. Teil 4 der Saga muss nun ohne den Helden James Bourne und ohne dessen Darsteller funktionieren. Was überraschenderweise ziemlich gut klappt.

Warum Matt Damon ausgestiegen ist, wurde nicht veröffentlicht. Es kursieren lediglich Gerüchte. Bourne-Stamm-Regisseur Paul Greengrass, er war für Teil zwei und drei der Reihe verantwortlich, ist angeblich nach Zoff mit Drehbuchautor Tony Gilroy Teil gegangen. Und ohne ihn wollte, angeblich, Mr. Damon nicht mehr mitspielen. Mag stimmen, muss nicht. Tony Gilroy enterte den Regieposten und überzeugt mit einer handfesten Story, einer ebensolchen Umsetzung und ebensolchen schauspielerischen Leistungen.

Die Handlung rollt zeitlich parallel zu der von das „Das Bourne Ultimatum“ ab, Teil drei der Serie: Beinahe hätte die Öffentlichkeit etwas davon erfahren, dass die Regierenden in einem Geheimprogramm Menschen zu Killermaschinen manipulieren. Das darf natürlich nicht rauskommen, weshalb alle Beteiligten abtreten müssen. Sprich: Es muss Leichen hageln. Aaron Cross (Jeremy Renner), Agent Nummer 5, ist eine von den Kampfmaschinen, die nun dran glauben sollen. Geheimdienstboss Eric Byer (Edward Norton) will es so. Auch Genetik-Wissenschaftlerin Marta Shearing (Rachel Weisz), die einfach zu viel weiß, soll „entsorgt“ werden. Was die zwei zusammenführt und gemeinsam auf die Flucht. Und die hat es in sich.

Es vergeht einiges an Zeit, ehe das Geschehen in explosive Gefilde abdriftet. Gut so. Da kann man sich als Zuschauer wirklich in aller Ruhe die Protagonisten angucken und einprägen, versteht auch Motive, kann eins und eins zusammenzählen. Dabei darf man sich auch Fragen zur moralischen Verantwortung von Regierenden machen. Der Film beantwortet sie nicht mit süßlichen Trostpflästerchen. Die Pervertierung der Ideale von Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit im Namen der Profitmaximierung wird – im Rahmen des Genres – deutlich angeprangert.

Jeremy Renner ist in die Fußstapfen von Matt Damon getreten – und passt gut rein. Er überzeugt mit seiner Interpretation eines Durchschnittstyps, der überdurchschnittliche Fähigkeiten besitzt, wie zum Beispiel ein durch Gen-Manipulation aufgerüstetes Gehör. Renner setzt in seinem Spiel geschickt auf Intelligenz und Ironie. Ein kluger Mix. Zusammen mit Rachel Weisz entfacht er dann auch noch Erotik und Emotionen. Für einen Thriller ist diese Mischung genau richtig.

Geboten wird eine Jagd einmal rund herum um den Globus. Dabei nehmen die Action-Szenen nicht zu viel Raum ein. Sie wurden gut dosiert. Im krachenden Finale wird dann gnadenlos der Adrenalinpegel hoch geputscht. Die Fortsetzung lässt vermutlich nicht lang auf sich warten.

Peter Claus

Das Bourne Vermächtnis, von Tony Gilroy (USA 2012)

Bilder: Universal Pictures