Fans der Traumfabrik geraten in den ersten Sekunden ins Schwärmen. Dafür sorgt der Song „Cheek To Cheek“ („Heaven, I’m in heaven …“, aus dem Kino-Musical „Top Hat“ mit Fred Astaire und Ginger Rogers, herausgekommen vor 80 Jahren. Satter Hollywood-Schmelz. Genau den liebt Peter Bogdanovich. Schon oft hat er die Traumfabrik gefeiert, am erfolgreichsten 1971 mit „The Last Pictureshow“ und 1972 mit „Is’ was Doc?“. Seit der Uraufführung beim vorjährigen Internationalen Filmfestival in Venedig ist sein neuer Spielfilm, realisiert nach mehr als einem Dutzend Jahren der Kino-Abstinenz, nun  ebenfalls auf Erfolgskurs.

Der inzwischen 76jährige Peter Bogdanovich bietet schönste Unterhaltung. Das Hauptdarsteller-Quartett Imogen Poots, Jennifer Aniston, Owen Wilson und Rhys Ifans badet in Sprachwitz und Situationskomik. Feinste erotische Eskapaden prägen die Story. Sie folgt klassischen Komödienmustern: Ausgangspunkt ist ein Interview mit der gefeierten jungen Schauspielerin Isabella (Imogen Poots). Sie hat das Herz am richtigen Fleck und trägt es auch gern auf der Zunge. Ungeniert erzählt sie von ihrer Vergangenheit als Prostituierte. Regisseur Arnold (Owen Wilson) erwies sich dereinst zunächst als großzügiger Freier und schließlich als Förderer. Als Isabella aber am Broadway unter seiner Regie auftreten möchte, wird’s kompliziert. Denn Arnold käme es gar nicht gelegen, würde seine besondere Beziehung zu Isabell ruchbar werden. Doch nicht nur er hat einiges zu verbergen. Also ist Chaos angesagt. Nur Isabella bleibt cool.

Angeblich hat Bogdanovich von 1988 bis 2013, also fünfzehn Jahre, am Drehbuch gefeilt. Es ist entsprechend geschliffen. Da wimmelt’s nur so von pikante Momenten, grotesken Verwechselungen und pointierten Dialogen. Ständig reden die Protagonisten aneinander vorbei und missverstehen sich, müssen sich Partner kurzer sexueller Vergnügungen hinter Duschvorhängen oder sonst was verstecken, gehen Türen im falschen Moment auf oder zu, schrillen Telefone. Klar: die Nerven aller Beteiligten liegen blank. Großartig. Das Tempo stimmt und der Rhythmus ist perfekt. Bilder, Dialoge und Musik wurden elegant miteinander verwoben. So muten Witze mit ellenlangem Bart frisch und knackig an. Hier waltet Intelligenz. Pfiffig wird alle Bigotterie bloß gestellt. Viele Lacher sind garantiert. Auch dank der Schauspieler. Imogen Poots, reizend schon in „The Long Way Down“, erinnert in der Hauptrolle ein wenig an Audrey Hepburn in „Frühstück bei Tiffany“, ist dabei aber durchaus erdverbunden, weniger Elfe mehr Teufelchen. Jennifer Anniston in der Rolle einer emotional desorientierten Psychotherapeutin, Owen Wilson und Rhys Ifans als Hormonhornochsen und viele andere, wie Regisseur Quentin Tarantino („Inglourious Basterds“) in einem Kurzauftritt zum Finale, geben der Komödie Schliff.

Wie etwas schon in „Is’ was, Doc?“ und anderen seiner Spielfilme, hat sich Peter Bogdanovich von berühmten Vorbildern, wie Frank Capra und dessen „Es geschah in einer Nacht“ (1934), Ernst Lubitsch und dessen „Blaubarts achte Frau“ (1938), Billy Wilder mit „Manche mögen’s heiß“ (1959) und einigen anderen inspirieren lassen. Bogdanovich zitiert und feiert sie zugleich mit Charme und mit Esprit – und mit großem Können! Leider fällt die deutsceh Version nicht nur mit einem extrem dämlichen Titel auf – im Original heißt der Film „She’s Funny That Way“ –, er ärgert auch mit einer miesen Synchronisation. Ich empfehle dringend, sich die Originalfassung mit Untertiteln anzusehen.

Peter Claus

Bilder: Wild Bunch

Broadway Therapy, von Peter Bogdanovich  (USA 2014)