(ab 19.09.12 auf DVD)

In der Feuerwalze des Gutgemeinten

Beeindruckend, aber noch nicht bestechend: Angelina Jolies erste Regiearbeit «In the Land of Blood and Honey» verliert sich allzu schnell im Banalen.

Angelina Jolie am Set von „In the Land of Blood and Honey“ (Ken Regan, © 2011 GK Films)

Ihr zweistündiges Regiedebüt «In the Land of Blood and Honey» soll Jolies große Solidaritätsaktion mit den Opfern des Völkermords in Bosnien, besonders den bosnischen Frauen, sein.

Es ist offensichtlich, dass Angelina Jolie im Leben wie im Film eine gewisse Drastik bevorzugt. Daß Authentizität für sie gleichbedeutend ist mit totaler körperlicher Verausgabung. Und daß sie alles ernst und schonungslos anpackt wie all die Actionfiguren, die sie im Kino so toll wie keine Zweite verkörpert.

Jetzt amtet sie also als Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin – und wirft alles zusammen, was in den letzten Jahren ihr eigenes Schaffen auf und neben der Leinwand ausmachte: eine starke, schöne Frau in der Hauptrolle, viele Explosionen, Erschießungen, Vergewaltigungen, dazu humanitäres Engagement ohne Ende. «In the Land of Blood and Honey» kommt daher wie eine Feuerwalze des Gutmenschentums, wuchtig, laut, emotional, überwältigend. Zuerst jedenfalls. In der ersten Dreiviertelstunde.

Da wird erzählt. Packend. Wie sich die bosnische Malerin Ajla (Zana Marjanovic), zwanzig Jahre ist es her, in einem Club in den serbischen Militär Danijel (Goran Kostic) verliebt, wie eine Bombe das Fest und Ajlas Leben auseinanderreißt, wie sie verschleppt wird ins Vergewaltigungslager, gedemütigt, geschunden. Wie ihr die Flucht gelingt, bevor sie dann erneut in die erst zarten, dann immer härteren Fesseln der Liebe zu Danijel gerät, und wie aus der Liebe schließlich Verrat wird. Bis zur Hälfte hat Angelina Jolie alles angelegt wie einen spannenden Actionfilm, das Tempo und die Schockmomente stimmen.

Doch langsam franst der Film aus, die Dialoge werden wichtiger und schlechter, die pseudophilosophischen Banalitäten nehmen überhand, und schließlich bleibt der Eindruck, zwei Stunden lang einem politisch höchst korrekten, extrem aufrichtig und gut gemeinten Unterrichtsfilm für künftige UNO-Sonderbotschafter – zu denen Angelina Jolie selbst seit über zehn Jahren gehört – gefolgt zu sein. In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt, sagt uns Angelina Jolie, und das ist nun keine neue Weisheit. Aber immerhin, das muss man ihr zugestehen, sagt sie dies ohne jede Eitelkeit und fast ohne jeden Kitschverdacht.

Simone Meier, Tages-Anzeiger