Steve McQueen, Bear, 1993, Videostill, Courtesy the Artist _ Marian Goodman Gallery, New York _ Paris and Thomas Dane Gallery, London © Steve McQueen

Körper, Kamera & Raum

Eine große Ausstellung in Basel zeigt Steve McQueen als Filmemacher und Konzept-Künstler

Mama McQueen muss eine merkwürdige Art von Humor gehabt haben, ihren ziemlich schwarzen und ziemlich britischen Sohn nach dem ziemlich weißen und ziemlich amerikanischen Schauspieler zu nennen. Aber vielleicht treffen sich die beiden ja auch in einer besonders entspannten Entschlossenheit, den Herausforderungen ihrer Zeit standzuhalten. Und übrigens auch in einem Foto von „Steve McQueen with Pistol at his Hollywood Hills Home“, das Steve McQueen (der Künstler) entwendet und neu autorisiert hat. Britischer Humor eben.

Aber ansonsten gehört Steve McQueen zu den eher ernsthaften und nachdenklichen Vertretern der Young British Artists (Zweite Welle), zweifellos ein „thinking man’s artist“, bei dem nichts entsteht, was nicht sorgfältig durchdacht und konzeptionell durchdekliniert wurde. Wenn man seine ersten Filme aus den neunziger Jahren ansieht, bekommt man nicht nur die Liebe für ein altes, längst vergangenes (kinetisches, natürlich schwarz/weißes, stummes) Kino mit, sondern sieht einem Projekt beim Wachsen zu: Der Körper und die Kamera. Die Kamera und der Körper. Nicht eines als Mittel oder Objekt des anderen, sondern ein direkter Austausch, manchmal so buchstäblich wie in „Catch“ (1997), wo die Kamera zwischen zwei Leuten – McQueen und seine Schwester, um genau zu sein – hin und hergeworfen wird, und der dabei aufgenommene Film also diese Bewegungen zwischen ihnen dokumentiert (und auch den merkwürdigen Ernst, mit dem sie da bei der Sache sind). Die dabei entstandenen Bilder-Bewegungen sind so kompliziert, fließend und zufällig, dass man beim Zuschauen den Glauben an einen Standpunkt verliert. Überhaupt ist McQueen zu dieser Zeit der Filmemacher, der seine Kamera losschickt, um Sachen zu sehen, die keine Kameraperson sehen kann wie in „Drumroll“ (1998), wo drei Kameras in einem leeren Ölfass durch New York rollen, gezogen vom Künstler in pinkfarbener Jacke, der sich einen Weg durch die Menschenmenge sucht, und die Passanten um Entschuldigung und Platz ersucht.

„Exodus“, entstanden 1992 und fertiggestellt 1997 zeigt zwei (afro-karibische) Männer mit Hüten, die Palmen durch London tragen und dann mit ihnen in einen Bus steigen. Eine dieser Straßenszenen, die man gelegentlich sieht, und sich fragt, ob man sie sonderbar, poetisch oder komisch finden darf. Und das ist wahrscheinlich das Konzept der ersten Filme von Steve McQueen: Es gehen sonderbare und poetische Dinge vor sich, Körper bewegen sich nicht so, wie sie es sonst tun, oder man sieht sie sich nicht so bewegen, wie man es sonst tut. Das Staunen wird durch kein Aha aufgelöst. Nun scheint es aber so, dass die beiden Männer bemerken, dass jemand sie mit der Kamera aufnimmt, und das Spiel mitspielen. Sogleich entsteht wieder eine ganz andere Frage nach dem Bewusstsein und der Gegenwart des Körpers. Die Zwei Zimmerpalmenträger in London und die Kamera erspielen sich einen ganz eigenen Raum. Es ist nicht das wirkliche London, es ist nicht der illusorische Bildraum des Mannes mit der Kamera. Es ist irgendwas dazwischen und darüberhinaus.

Steve McQueen, Exodus, 1992_97, Videostill, Courtesy the Artist _ Marian Goodman Gallery, New York _ Paris, and Thomas Dane Gallery, London © Steve McQueen

Der Körper, die Kamera und der sich wandelnde Raum. Steve McQueens offiziell erster Film, „Bear“ (1993), die Abschlussarbeit am Londoner Goldsmith College (das er nach dem Chelsea College of Art and Design besuchte) ist sehr viel radikaler als dieses hübsche kleine Film-Spiel, das aber doch schon den ganzen McQueen enthält. Zwei nackte schwarze Männer, einer von ihnen der Künstler selber, führen ein Ringkampf-Spiel auf, so ziemlich alles zwischen Aggression, Sexualität, Tanz und Ritus ist darin. Und es ist eine Art Exorzismus des Kinos; eine typische Kino-Situation, das Duell, der Voyeurismus, die Ambiguität, wird durch Reduktion des filmischen Raums (eine Aktion, die nicht aus Handlung entsteht, keinen Grund und keinen Zweck hat) isoliert und neu besetzt. Vielleicht machen Steve McQueens frühe Filme mit dem Kino nichts anderes als Andy Warhol mit Suppendosen oder Robert Rauschenberg mit Comics gemacht hat. Aber McQueen geht in seiner Appropriation einen Schritt weiter: Denn das Kino-Klischee wird ja durch neue Inhalte gefüllt: durch Kunst, durch Intimität, durch Blackness und durch eine sexuelle Ambivalenz, die womöglich den weißen, heterosexuellen Mann verlegen machen kann (zumal es ja hier auch das nicht gibt, was eine solche Verlegenheit im Kino verschwinden lässt, den Ton oder gar Musik). Und damit nicht genug: Der Film stellt diese schwarze Männlichkeit nicht einfach dar wie ein Bild, sondern er verlängert sie in den skulpturalen Raum, den McQueen für seine Filme vorschreibt, einen zugleich idealen und restriktiven Raum verlassen: sieben Meter lang, vier Meter breit, drei Meter hoch; schwarze Wände, spiegelnder Boden. In einem solchen Raum ist ein Film noch einmal etwas vollkommen anderes als in einem Kino oder gar gegenüber einem Fernsehapparat. Unnütz zu sagen, dass man hier mit Stühlen nicht rechnen kann; der Zuschauer kann hier beim besten Willen seine eigene Räumlichkeit nicht vergessen. Aber wie die zwei Männer mit den Palmen kann er mitspielen bei seiner Definition.

Um die Wahrheit zu sagen: Er muss es sogar. Statt also, wie das Kino den Raum des Zuschauers verschwinden zu lassen, damit er oder sie sich ganz auf den illusionären Kino-Raum (aus Handlung und Aktion) einlassen können, verschmelzen die Filme von Steve McQueen den Raum des Films und den Raum zu des Zuschauers zu einer einzigen skulpturalen Einrichtung. Das Filmwerk wird in den Raum verlängert. Die Kamera hat die Körper nicht auf die Leinwand gebannt, sondern sie im Gegenteil in den neu entstanden Raum entlassen. Das ist schön, tut aber manchmal auch weh.

Den Körper als Kunst- und Angriffszone zeigen noch mehrere Steve McQueen-Filme, darunter „Cold Breath“ (1999), in dem sich der Künstler einmal mehr seiner eigenen Körperlichkeit versichert (wenn auch nicht ganz schmerzfrei) oder „Charlotte“ (2004), wo der Künstlerfinger die Augen der armen Charlotte Rampling attackiert. Der Körper. Die Kamera. Der Raum.

Auf das Debüt „Bear“ folgte „Five Easy Pieces“ (1995), in dem vor allem ungewöhnliche Kameraperspektiven erprobt werden (und der Künstler, er ist in dieser Zeit noch eher heroisch-provokativ präsent in seinen Filmen, am Ende lustvoll auf sein Aufnahmegerät pinkelt). Ein formales Spiel, das schließlich noch in „Just Above My Head“ (1996) fortgesetzt ist. Das Geschehen spielt sich am unteren Rande eines ansonsten nahezu leeren Bildes ab; wir sehen nach unten, der Künstler nach oben, und in einem realen Raum könnten sich diese Blicke niemals treffen. Die Kamera hat in diesem Vorgang Körper und Raum auf eine völlig irreale Weise getrennt, und wie auch in „Five Easy Peaces“ oder „Drumroll“ entfaltet diese Enträumlichung/Entkörperlichung (je nachdem, auf was man sich konzentriert) erst richtig, wenn man sich mit und gegen den Schwindel anderer Zuschauer zur Wehr zu setzen versucht. Und nicht nur bei diesen Filmen versteht man sehr gut, warum Steve McQueen nicht nur bei der Produktion seiner Filme, sondern auch bei der Aufführungspraxis ausgesprochen akribisch vorgehen muss. Man sieht einen Steve McQueen-Film nicht, wenn man ihn sieht, wie man eben so Filme sieht.

Der Körper, der Raum und die Kamera. Schön und gut. Aber was wollen die Kameras und die Körper miteinander und voneinander? Eine Idee ist: Sie wollen herausfinden, wo die Ordnungen enden und das Chaos beginnt. Statt Ordnung in ein Chaos zu bringen, wie es die klassische Filmkamera tut, unterstützt Steve McQueens Kamera den Körper darin, eine Erfahrung der Chaotisierung zu machen. Diesem Projekt dienlich ist schließlich auch, dass die direkte Entsprechung von Bild und Ton aufgelöst wird. Übrigens gibt es für alle diese Strategien in Steve McQueens Kunst-Film-Welt ein sozusagen programmatisches Werk: In „Prey“ (1999) steigt ein kleines Tonbandgerät an einem Wetterballon in den Himmel und trägt die Rhythmen des Tänzers und Musikers Gregory Hines hinauf. Sehr hoch hinauf; 6 Minuten 25 Sekunden, oder doch in alle Ewigkeit.

Es gibt mehrere Punkte der Wende oder der Erweiterung in Steve McQueens Arbeit. Die Wende zum Ton, die Wende zur Farbe, die Wende zum Dokumentarischen usw. Mit „7th Nov.“ (2001) jedenfalls  kommt ein erstes narratives Element ins Spiel, und zum ersten mal wohl statt einer Figur eine Person. Die mediale Einrichtung „handelt“ von McQueens Cousin Marcus, der durch einen unglücklichen Umstand seinen eigenen Bruder erschoss. Der erzählt seine Geschichte, während die (Foto-)Kamera etwas anderes sieht, nämlich eine Narbe am Hinterkopf des Mannes, das Dokument einer ganz anderen Geschichte. Und erinnert die Perspektive dieses Bildes, das die 23 Minuten der Erzählung begleitet, nicht an manieristische Konstruktionen einer Kreuzigungsszene?

„Girls, Tricky“ (2001) ist eine Aufnahme des Triphop-Musikers in einer Aufnahmekabine. Wie in einer Art der musikalischen Trance umfließt die Kamera 15 Minuten lang ohne Schnitt seinen musikalischen Flug. Eine der schönsten und gefährlichsten filmischen Herstellungen von körperlicher Nähe, die ich kenne. So wie es die Frage gibt, wo die Ordnungen enden und das Chaos beginnt, scheint hier die Frage auf, wo der Körper endet und die Musik (die Kunst) beginnt.

Und noch eine Wende. Das Sehen sehen, so geht es in „Illuminer“ (2001): Die Kamera auf einem Fernseher, in dem ein Bericht über den Krieg in Afghanistan läuft, zeigt den Mann (den Künstler), im Hotelbett: „Ich wurde von der Gewalt beleuchtet. Diese Gewalt machte mich sichtbar“. Zugleich sieht man, wie zwei Maschinen der Wahrnehmung miteinander kommunizieren, automatisch und doch ungleich(zeitig): die automatische Kamera versucht permanent, sich auf den veränderten Lichtaussender des Fernsehens einzustellen, und ist dem Wandel immer ein wenig hinterher. Und der Rhythmus der Gewehrsalven gibt einen gefährlichen akustischen Rahmen, als wären es gerade die Schüsse, die zwischen Ordnung und Chaos zu vermitteln versuchten, oder zwischen Körper und Raum. Eine sehr einfache, fast schon trostlos-banale Situation: Ein Mann hat nichts besseres zu tun, als sich diesem Schrecken auszusetzen, weil er in einem Transitraum par execellence, dem Hotelzimmer feststeckt. Und zugleich eine ungeheure Dekonstruktion von Raum und Welt-Wahrnehmung; eine Revision von Platos Höhle und was in ihr gesehen werden kann. Und was nicht.

Steve McQueen, Deadpan, 1997, Videostill, Courtesy the Artist _ Marian Goodman Gallery, New York _ Paris, and Thomas Dane Gallery, London © Steve McQueen

Nachdem er sich durch die Gewalt sichtbar gemacht hat, verschwindet der Künstler aus seinen Filmen. Diese Sichtbarkeit ist wie ein Schock, der sich nicht wiederholen lässt. Der Autor und die Gewalt nehmen zwar Abstand voneinander, aber sie kommen voneinander nicht mehr los. Steve McQueens Filme werden nun, wie man sagt, „politischer“. Besser vielleicht: Sie werden auf andere Weise politisch, als sie es vorher schon waren. Und sie werden nun auch jenen zugleich idealen und restriktiven Raum verlassen, den der Künstler ihnen vorgeschrieben hatte, die sieben Meter lange, vier Meter breite, drei Meter hohe Konstruktion der sozialen Plastik, das Wunderland der sonderbaren Vertrautheiten. Steve McQueens Filme gehen hinaus in eine sehr real zerstörte Welt.

In „Unexploded“ (2007) sehen wir etwas durch etwas, was nicht geschehen ist. Das Loch, das eine Bombe, die nicht explodiert ist, in einem Haus im Irak. In „Giardini“ (2009) schafft McQueen Kunst aus einem Raum, in dem normalerweise Kunst zu sehen ist, aber nicht in diesem Winter. Dieser Ort ist der leere Bienale-Raum von Venedig, wo man streunenden Hunden begegnet, und Lichtern, die keiner Beleuchtungsdramaturgie mehr dienen, sondern nur bizarre Ausschnitte menschlicher und tierischer Aktivitäten sichtbar macht. Es ist keine „Dokumentation“ dieses Ortes, die Geräusche, die es zu den Bildern gibt, erscheinen als strenge musikalische Komposition, nicht als Widergaben zum Bild; es sind Kirchenglocken, die Schreie vom Fußballplatz, Regentropfen: sie markieren keinen äußeren Raum. Es ist mehr als die Nachtseite eines Glamour-Areals, ein zweiter Raum, der nicht mehr verschwindet, auch wenn wir (und sogar der Film selber) in die Tagseite des Kunstbetriebs zurückkehren. Und in „Static“ (2009) zeigt Steve McQueen wieder etwas ausgesprochen Bekanntes, nämlich die Unabhängigkeitsstatue in New York. Normalerweise finden wir sie insbesondere im Kino in eine höchst bedeutsame Stelle an einer Narration eingebaut, Verheißung, Abschied, Illusion, doch hier gibt es keinen Zusammenhang außer dem infernalischen Lärm des Helikopters, der offensichtlich ewig um sie kreist. Und so beginnt sich unsere Wahrnehmung zu verändern. Wir sehen nicht nur Rostflecken auf dieser Riesenstatue. Wir sehen, dass sie aus Körper und Material besteht. Und wir sehen es anders als gewohnt: „Static“ wird von zwei Seiten auf eine frei im Raum hängende Leinwand projiziert. So kreist der Zuschauer um das Kreisende. Etwas wird um so wirklicher, je weniger es bedeutet. Ein bisschen überdeutlich murrten Kritiker, die auch schon bei „Running Thunder“ (2007) gemurrt hatten, eine Einstellung auf ein totes (oder doch nur schlafendes?) Pferd, in dem sich nur das Licht in 11 Minuten leicht verändert, bevor alles wieder von neuem beginnt, scheint auch dieser Film an der Offensichtlichkeit seiner Aussage zu tragen. Stillstand und Bewegung (Leben und Tod), Materie und Fleisch, Körper und Kamera haben eine fließende Beziehung zueinander. Die Bewegung erzeugt den Stillstand, und die Stille lässt in der Zeit die Bewegungen des Lebens erkennen.

Für „Western Deep“ (2002) arbeitete Steve McQueen zum ersten mal mit einem Kino-Kameramann, Sean Bobbitt zusammen. Es wird eine Künstler-Beziehung bis in die großen Spielfilme von McQueen hinein. Er begleitete den Autor in eine südafrikanische Goldmine, dreieinhalb Kilometer unter der Erde, voller Staub und Lebensgefahr. Mit einer Super 8-Kamera. Das Gegenstück ist „Carib’s Leap“ (2002), ein Film über eine Insel, Grenada, (die Heimat von McQueens Eltern), die an ihrem eigenen Müll erstickt und ihren Bewohnern zum trostlosen Gefängnis geworden ist. Aber in beiden Filmen, die an Orte führen, die in den großen Bildermaschinen nicht vorkommen, gibt es Augenblicke berückender Poesie. Des Spiels. Der Kunst. (Noch in ihren Todeszellen werden sich die Rebellen von „Hunger“ in Form von „Kunst“-Ereignissen, und sei es eine Architektur aus Essensresten, den eigenen Urin umzuleiten, ausdrücken.) In „Gravesend“ (2007) geht die Reise (auf den Spuren von Joseph Conrads „Herz der Finsternis“) in den Kongo, wo das Mineral „Coltan“ gefördert wird, das für die Mobilfunktechnologie benötigt wird, das Dokument einer Reise, die auch jetzt nur ins Herz der Finsternis führen kann. Der Körper. Die Kamera. Der Raum. Das ist eine politische Beziehung. Steve McQueen betrachtet seinen Körper nicht mehr. Er setzt ihn aus.

Zeit für die letzte große Wendung, die zum Kino-Spielfilm. Dabei spielte wieder einmal die Kunstabteilung von Channel 4 eine glorreiche Rolle. Dort schafft man es, einem Künstler einen langen Film zu finanzieren, auch wenn das, was er dann zeigt, die Verantwortlichen so sehr erblassen lässt wie Steve McQueens „Hunger“. Es ist eine ebenso einfache (wenngleich mit McQueenismen durchschossene), wie wahre, wie unerträgliche Geschichte. Die vom Sterben des Bobby Sands (Michael Fassbender) im Hochsicherheitstrakt des nordirischen Gefängnisses von Maze. In „Hunger“ gibt es nicht nur reichlich drastische Aufnahmen von Gewalt und Schmutz, sondern auch eine Einstellung die siebzehn Minuten dauert, ohne Schnitt ohne Bewegung der Kamera, ohne dramatische Bild-Veränderung. Man muss schon Steve McQueen sein, um mit so etwas durchzukommen und die Goldene Palme in Cannes zu erhalten. Und dann kommt „Shame“, wieder mit Michael Fassbender in der Hauptrolle, die Geschichte eines Sexsüchtigen in New York. Der Körper als Instrument, erst als die letzte Waffe, die man hat, dann als die letzte Instanz der Empfindung. Der Raum als Entortung. Das schreckliche Gefängnis, die entleerte Stadt.

Steve McQueens Kinofilme erzählen Geschichten, entwickeln Gleichnisse, es gibt Co-Autorinnen, Produzenten, sogar Designer, und man kann sie sich in Sesseln und vielleicht sogar mit Popcorn-Tüten in den Händen ansehen. Gebt dem Kino was des Kinos ist. Aber es sind zugleich Zusammenfassungen, Transformationen, Nutzanwendungen der Kunst. Die Kunst wird das Kino so lange angreifen, bis man ihm das ansieht. Steve McQueens nächster großer Film handelt von dreizehn Tagen im Leben eines Sklaven.

Der andere Steve McQueen, der Schauspieler, hat einmal gesagt, er lebe nach der alten Hoffnung der Navajos: In einem Land, in dem es genug Zeit und genug Raum gibt. Das muss wirklich sehr schön sein. Er machte das als Schauspieler und als Rennfahrer. Steve McQueen, der Künstler, weiß, dass dieses Land nicht existiert. Man muss das Land, in dem es genug Zeit und genug Raum gibt, erst erschaffen. Augenblicklich ist dieser Prozess im Schaulager Basel zu besichtigen.

Georg Seeßlen, Die Zeit

 

 

Steve McQueen

Münchenstein/Basel, Schaulager bis 1.9.2013

Der Katalog erscheint im Kehrer Verlag, 44 Euro

http://www.schaulager.org

 

 

 

 

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