Die Jury des 32. Filmfestivals Max-Ophüls-Preis hat klug entschieden. Jung-Sein, eines der entscheidenden Auswahlkriterien des Nachwuchsfestivals mit Blick auf Autoren und Regisseure, das reichte nicht zur Auszeichnung. Handwerkliche Qualität, erzählerische Originalität und, vor allem, Wahrhaftigkeit der Filme – das war für die Jury entscheidend.

Mehr als acht Stunden sollen die Juroren gerungen haben. Verständlich. Von den 17 Beiträgen des Spielfilm-Wettbewerbs waren mindestens zehn preiswürdig, mehr als die Hälfte. Eine beachtliche Ausbeute. Die Auswahlkommission hat also schon vorab gut gearbeitet. Handwerkliche Qualität war durchgängig selbstverständlich. Es gab oft große, üppige Kinobilder, erfreulich fern von billiger Effekthascherei. In der Regel begeisterten knappe, pointierte Dialoge. Publikumswirksamkeit war angesagt, aber keine Anpassung an vermeintlichen Massengeschmack. Die Elendsstorys in Schwarz-Weiß, aufgenommen mit wackelnder Handkamera, aufgebauscht mit pseudosozialkritischen Dialoglasten haben gottlob ausgedient. Angesagt ist eine Balance von Anspruch und Unterhaltung. Auffallend dabei: Das Bekenntnis zu exzellenten Schauspielern. Vorbei die Zeit, da in jedem Film ein neues Gesicht auftauchen musste. Die Autoren und Regisseure pflegen die jungen und die schon etwas älteren Stars des deutschsprachigen Kinos. Jessica Schwarz, Robert Stadlober, Henry Hübchen, um nur drei zu nennen, durften brillieren.

Interessant: Mit der Vergabe des Hauptpreises an „Der Albaner“, einem Drama um einen illegal in Deutschland lebenden Einwanderer, gab die Jury den Hauptpreis an den einzigen vordergründig politischen Film. Ansonsten nämlich ging’s eher hintergründig zu. Inhaltlich dominierte im Spielfilm-Wettbewerb, dem Zentrum des Festivals, das Thema Familie. Ausgeschritten wird von jungen Filmemachern gern das Spannungsfeld vom Mit- oder auch Gegeneinander traditioneller und neuer Lebensmuster. Dabei geht es oft hart zu. Gefühle – ja, aber oberflächliche Sentimentalität bleibt aus. Wie selbstverständlich weitet sich dabei jedoch der Blick vom Individuellen auf die Gesellschaft. Verhalten Politisches also gab den Ton an.

Das Publikum strömte. Schon bei den Aufführungen um zehn Uhr am Morgen reichten die Plätze nicht aus, saßen viele Zuschauer auf den Treppen der Vorführsäle. Und es kamen auch Produzenten und Verleiher auf Suche nach Talenten. Mancher Film, ob ausgezeichnet oder nicht, hat in Saarbrücken einen Verleih gefunden.

Das täuscht natürlich über eines nicht hinweg: In Europa, nicht nur im deutschsprachigen Raum, werden an -zig Hoch- und Privatschulen viel zu viele Regisseure ausgebildet. Selbst der Moloch Fernsehen, der sich in Saarbrücken in diesem Jahr vielfach als sensibler Ko-Produzent ausgewiesen hat, bietet nicht genug Arbeit. Ein paar derer, die auf dem Filmfestival Max-Ophüls-Preis auf sich aufmerksam gemacht haben, werden sich halten können. Die Mehrzahl aber wird in anderen Berufen oder in Hilfsjobs landen. Daran kann ein Festival wie das in Saabrücken nichts ändern. Aber es wird Zeit, dass es sich bei aller Lust an Glanz und Optimismus mit den existenziellen Problemen der jungen Filmemacher im Arbeitsalltag auseinandersetzt – vielleicht mit einer Filmreihe unter dem Titel „Erfolgsfilme aus drei Jahrzehnten Filmfestival Max Ophüls Preis von erfolglosen Filmemachern“. Die Titelliste ist lang. Bedauerlicherweise.

Text: Peter Claus

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