Geboren am 10.4.1952: „The Master of Aikido“ aka „Lord Steven” oder auch einfach Steven Seagal ist 60!

Der hünenhafte Martial-Arts-Actionstar Steven Seagal mit der tief-heiseren Stimme und dem stahlhartem Blick ist einer der größten Stars des Actionfilms. Der Meister verschiedener Kampfsportarten spielte schweigsame Helden, die auf eigene Faust und mit eigenwilligen Methoden dem Bösen den Garaus machen. Schauspielerisch völlig untalentiert, brillierte Seagal durch seine technisch versierten Haudrauf-Talente.

Die meisten kennen ihn als Karate-Koch in dem Blockbuster Alarmstufe Rot, dessen zweiten Teil er nur drehte, als ihm die Regie für den ökologisch ambitionierten Action-Thriller Auf brennendem Eis zugesichert wurde. Denn „Lord Steven“, wie ihn manche auch nannten und der seine Filmgegner schon mal mit einem humorlosen „Die Fucker!“ verabschiedete, war stets zu Höherem berufen. Aber langsam und von vorn:

Steven Frederic Seagal wurde am 10. April 1952 in Lansing/Michigan geboren. In den 1970ern lebte er in Japan, lehrte dort Englisch, lernte Zen und Aikido und wurde Träger des 7. Dan Aikidō mit einem Ehrentitel des Lehrmeisters „Shihans“. In den 1980ern eröffnete er ein eigenes Aikido-Dojo im San Fernando Valley im Großraum von Los Angeles. Angeblich war er als Bodyguard tätig. Als verbürgt gilt, dass er Sean Connerys Hand brach, als er ihn für Sag niemals nie (1983) trainierte. Einer seiner Schüler war der mächtige Filmagent Michael Ovitz, der Seagal für den Film entdeckte. Seagals Debüt Nico (1988) wählt Parallelen zu seinem Leben. Als knallharter Ex-CIA-Agent und Drogencop räumte er mit seiner Partnerin Jackson (Pam Grier) in Chicago mit dem Bösen auf. Nico bot das übliche blöde Selbstjustiz-Bild von Kollegen wie Chuck Norris und Charles Bronson, hatte aber Seagal und wurde wegen seiner effektvollen Kampfkunstszenen sehr gelobt. Der Erfolg prägte seinen Rollentypus als Mann des Gesetzes mit radikalen Ermittlungsmethoden, die er in Hard to Kill (1990), Zum Töten freigegeben (1990) und Deadly Revenge (1991) fortsetzte und die allesamt in Deutschland nur mit schweren Schnittauflagen erschienen. Deadly Revenge zeigte auch, wie ein typisches „Happy End“ bei Seagal aussieht: alle Bösen sind tot, und einem Autofahrer, der zu Filmbeginn einen Hund in einer Plastiktüte entsorgt hatte, tritt Seagal in die Eier, während der Hund dem auf dem am Boden Liegenden ins Gesicht pinkelt.

Solche „heiteren“ Momente sollten nicht ausbleiben, denn bereits 1990 gründete er seine eigene Produktionsfirma Steamroller Productions und landete mit Alarmstufe: Rot (1992) einen Megahit. Dieser „Stirb langsam auf einem Kriegsschiff“ mit storytechnischem Gößenwahn ist abgrundtief böse und voll ironischer Spielfreude. Der geschasste Elitesoldat Casey Ryback arbeitet als exzellenter Koch auf einem US-Marine-Kriegsschiff. Terroristen übernehmen das Schiff und nun kämpft er gegen die Mad-Bad-Brains Gary Busey und Thommy Lee Jones, die zu den exzentrischsten Bösewichtern der Filmgeschichte zählen. Jones erinnert an Rock’n‘Roller Keith Richards und kann nur getötet werden, indem ihm Casey ein Auge ausquetscht, ein Messer in den Kopf jagt und den Kopf durch einen Computerbildschirm rammt. Alarmstufe: Rot 2 (1995) spielt in einem Zug. Hier trifft Casey seinen größten Kontrahenten, der den Koch ausgerechnet in der Zugküche herausfordert. Mit den Worten „Keiner schlägt mich in der Küche“ schlägt er ihn kurz und trocken tot.

Nun wurde seine Karriere richtig bizarr: Im Deal für Alarmstufe: Rot 2 durfte er den besagten Ökothriller Auf brennenden Eis (1994) inszenieren und muss in Alaska mit den Inuit einen Bösewicht (Michael Caine), der die Umwelt verseucht, besiegen. Zum Filmende soll es ein 15-minütiges Plädoyer für die Umwelt gegeben haben, was jedoch wesentlich gekürzt wurde. Es bleibt die ‚Goldene  Himbeere‘ als schlechtester Regisseur sowie einige Songs – ohnehin sang Seagal regelmäßig für seine Filme und veröffentlichte Blues-CDs wie das Album Mojo Priest. Ein Projekt über das bei einem Anschlag in Neuseeland versenkte Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior blieb unproduziert. Hinzu wurden Seagal enge Verbindungen zur Mafia unterstellt und er wurde von selbiger erpresst.

In Einsame Entscheidung (1996) spielt er geschickt mit seinem Image – mit Kurt Russell muss er eine von Terroristen übernommene Passagier-Maschine in der Luft übernehmen und stirbt plötzlich und unerwartet mitten im Film. Mit den wieder ökologisch-engagierten und mit esoterischen Binsenweisheiten unterlegten Filmen Fire Down Below (1997) und The Patriot (1998) blieb ihm jedoch der Erfolg an den Kinokassen verwehrt. Im neuen Jahrhundert drehte er verstärkt B-Movies wie Belly of the Beast (2003), die meist direkt in den Videotheken landeten. Hier hatte er jedoch nach wie vor eine starke Fangemeinde, die selbst krude Machwerke wie Kill Switch (2008) goutierte – Kill Switch dürfte einer der miesesten Actionfilme aller Zeiten sein und ist höchst amüsant: Seagal spielt einen Cop, der in New Orleans in zwei nicht zusammenhängenden Fällen ermittelt – egal! Seine Freundin wird getötet, am Ende fährt er davon und zu seiner russischen Familie mit hübscher Frau, die für ihn strippt – egal! Der ganze Film ist höchst unorthodox, das Ende scheint aus einem komplett anderen Film zu stammen, es ergibt alles keinen rechten Sinn, die Actionszenen werden gern wiederholt, ständig werde Frames – wie einst bei Godards Außer Atem – rausgeschnitten, was die teils behäbigen Action-Szenen beschleunigen soll. Seagal ist offensichtlich nicht mehr schlank und wendig, man fand aber auch keinen ihm ähnelnden  Stuntman, sodass die gedoubelten Stunts offensichtlich und somit unfreiwillig komisch sind – ist aber auch egal! Die Direct-to-Video-Karriere ging weiter. 2010 zeigte Seagal Ironie und spielte in Machete neben Robert De Niro, Jeff Fahey und Don Johnson einen Bilderbuch-Bösewicht, der übel abtritt.

In der Reality-TV-Serie Steven Seagal: Lawman (2009) spielt er als er selbst einen Großstadt-Sheriff, der vermeintlich echte Straftaten verfolgt und diese löst. Die Serien-Ausstrahlung wurde einstweilig unterbrochen, nachdem er eine Anzeige wegen sexueller Belästigung bekam. Diese wurde zwar zurückgezogen, doch die Produktion nicht fortgesetzt.

Seagal ist Vegetarier, Buddhist und geweihter Priester – seine Filme brachten ihm Kritik ein, weil sie im Gegensatz zur friedlichen Grundhaltung der Kampfkunst Aikido stünden – für ihn sind seine Werke einfach nur Filme. „Ich hoffe, dass man sich eines Tages an mich als großen Autoren oder Schauspieler erinnert, mehr denn als Sexsymbol.“ Möge sein Wunsch zum Geburtstag in Erfüllung gehen.

Wolf Jahnke

Bild: True Justice: Street Wars, USA/Kanada 2011 (WVG Medien)

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