Keisuke Kinoshita drehte 1958 die „Die Ballade von Narayama“, eine Auseinandersetzung mit dem Tod in Form einer Parabel. 25 Jahre bevor gleichnamiger Film von Shohei Imamura die Goldene Palme gewann. Die in der Feudalzeit angesiedelte Geschichte zeigt ein Dorf, in dem man dem Hunger mit der Tradition begegnet, daß alle 70 Jährigen das Dorf verlassen müssen, um auf dem Berg Narayama zu sterben, bzw. sozialverträglich abzuleben. Doch während die Hauptfigur, Grossmutter Orin, immer noch das Rückrat der Familie bildet, frönt ihr Enkel dem Leben ohne Achtung vor Anderen. Die alte Frau scheint geradezu beseelt von dem Gedanken die Gemeinschaft zu entlasten, sehnt den Tag herbei, an dem sie die Reise zum Berg beginnt und nebenbei verkuppelt sie ihren verwitweten Sohn noch mit einer ehrlichen Frau. Diesem Paar schmerzt es bei dem Gedanken, diese tüchtige, liebevolle Großmutter zu verlieren. Der Film stellt primär nicht die „soziale“ Gemeinschaft in Frage, sondern beschäftigt sich mit der Erwartung des Todes. Der eine sieht es als konsequente Fortführung des Lebens, der andere klammert sich so sehr daran, dass er Andere mitzureißen droht. Die Geschichte wird akustisch von Kabukielementen (traditionelle Theaterform) untermalt. Die stilisierten Landschaften sind wie im Klassiker Kwaidan (1964) gemalte Hintergründe, welche den Film atmosphärisch verstärken. In Deutschland wurde der Film leider nie auf DVD veröffentlicht, Cineasten kaufen im Vereinigten Königreich oder in der Schweiz.

Andre Thaetz

Die Ballade von Narayama/Narayama bushikô (Japan 1958 Regie: Keisuke Kinoshita)


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