Man ist ja schon froh, wenn in der Flut von Novitäten auf deutschsprachigen Bühnen ein Stoff auftaucht, der Ansätze zu einer kritischen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Entwicklungen offeriert. Insofern ist dieser Uraufführung von vornherein Zuspruch sicher.

Die Inszenierung von Roger Vontobel, Hausregisseur in Düsseldorf, hat den Roman von Chuck Palahniuk für zwei Schauspieler und eine Schauspielerin adaptiert. Erzählt wird die Story eines Angestellten aus der Autoindustrie, dessen Lebensüberdruss zum Himmel stinkt. Nichts erfüllt ihn. Der Job ödet ihn an. Gefühle sind ihm fremd. Schlaflosigkeit bedrängt ihn. Dann aber trifft er einen Mann, der ein Rezept gegen die Sinnleere hat: Prügelorgien. Die Beiden gründen den „Fight Club“, schlagen sich, bis das Blut fließt, und entschließen sich zu einem großen terroristischen Schlag gegen die Gesellschaft. Die Frau gerät als Objekt der Begierde zwischen die Kampfmaschinen. Und am Ende?

In Düsseldorf bleibt am Ende leider nur Ratlosigkeit. Denn die Aufführung erreicht nicht die notwendige Dringlichkeit. Fragen nach überkommenen Männlichkeitsriten, nach notwendigem Überdenken sozialer Strukturen, nach den Ursachen des Abdriftens vieler so genannter westlicher Gemeinschaften in rechts-reaktionäre Strömungen werden nicht einmal gestellt. Geboten wird dagegen eine effektvolle, von viel dröhnender Musik und Brutalo-Pantomimen geprägte Nummernfolge. Die läuft schnurstracks auf die psychologische Auflösung des Romans zu, die Tatsache, dass die zwei Typen ein und der selbe Mann sind, es sich um einen Fall von Persönlichkeitsspaltung handelt. So what?

Rasch wird klar: Der Stoff, vor zwanzig Jahren in dem umstrittenen Spielfilm gleichen Titels einem großen Publikum bekannt geworden, hat heutzutage nicht mehr die damals zu spürende Stärke. Was an den politischen Entwicklungen liegt: Ließ sich Ende der 1990er Jahre davon ausgehen, dass das Bürgertum an seiner eigenen Saturiertheit zu ersticken droht, dass sich die Spaßgesellschaft selbst ad absurdum führt, geht es heute um die bedrohlich-existenzielle Frage, ob die Demokratie überhaupt noch zu retten ist. Davon keine Spur an diesem zwei Stunden kurzen, pausenlosen Abend.

Das Scheitern der Umsetzung liegt auch an inszenatorischen Missgriffen. Einmal beispielsweise soll offenbar gezeigt werden, wie leicht Menschen zu verführen sind: eine Zuschauerin wird aufgefordert, den Protagonisten zu schlagen. Die Szene ertrinkt in Albernheit, so dass sie keinerlei nachhaltige Wirkung entfalten kann, kein Nachdenken auslöst. Unsinnig sind dazu einige geckenhafte Anspielungen auf die Tatsache, dass hier nicht die Stars der Hollywood-Adaption (Brad Pitt und Edward Norton) agieren. Überflüssige Gags, die nichts als Verwässerung bewirken.

Immerhin, und das ist nicht wenig: Die Akteure – Sonia Beißwenger, Kilian Land und Wolfgang Michaelek – geben viel, erreichen eine hohe Intensität und bieten mehr als flüchtige Charakterskizzen. Sie sorgen dafür, dass man nach dem Theaterbesuch nicht sofort zur Tagesordnung übergeht, sondern darüber diskutiert, warum einen diese Adaption nicht packt. Da kommt man dann schnell auf drängende gesellschaftliche Probleme – und auf die Frage, ob Theater, ob Kunst, überhaupt die Mittel hat, sich diesen angemessen zuzuwenden.

Peter Claus

Bild: FIGHT CLUB | Wolfgang Michalek, Kilian Land | Foto: © Thomas Rabsch

Fight Club 
nach dem Roman von Chuck Palahniuk
unter Verwendung der deutschen Übersetzung von Fred Kinzel
Uraufführung 18.05.2019
Regie: Roger Vontobel, Bühne: Fabian Wendling, Kostüme: Tina Kloempken, Musikalische Leitung: Keith O’Brien, Licht: Jürgen Kolb, Dramaturgie: Robert Koall.
Mit: Kilian Land, Wolfgang Michalek, Sonja Beißwenger, Keith O’Brien (git), Jan-Sebastian Weichsel (b), Manuel Loos (dr, elec).
Dauer: 2 Stunden, keine Pause

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