Auf ein Neues. Nun also „Aladdin“ zum Zweiten. Basierend auf dem Animations-Erfolg von 1992 ist dem Disney-Konzern nun das gelungen, was dessen Gründer Walt Disney immer haben wollte: Ein spannendes, das Herz in Wallung bringendes, unterhaltsames Filmerlebnis für die ganze Familie.
Die Real-Verfilmung des berühmten Stoffes aus der Geschichtensammlung „Tausend und eine Nacht“ begeistert in jeder Hinsicht. Das liegt auch daran, dass die Kinozuschauer sich ganz unschuldig einem großen Spaß hingeben, sie zugleich aber auch manch satirische Anspielung auf gegenwärtige Entwicklungen in der politischen Welt entdecken können. Es ist sicher kein Zufall, dass einige Sprüche des machtgierigen Großwesirs Jafar (Chico Kenzari) so klingen, als hätte sie US-Präsident Donald Trump grad eben aus dem Weißen Haus getwittert.
Jafar ist der mächtige Gegenspieler von Meisterdieb Aladdin (Mena Massoud). Der macht mit seinem Affen Abu die Stadt Agrabah unsicher. Er klaut hier und da, und natürlich auch dort. Das Duo hat’s nicht leicht sein Leben zu bestreiten. Noch schwieriger wird es für Aladdin, als er sich auf dem Basar in eine bezaubernde Schönheit verliebt. Sie stiehlt ihm – sozusagen im Handumdrehen – das Herz und er guckt erst einmal dumm aus der Wäsche. Denn bei der Angebeteten handelt es sich um Prinzessin Jasmin (Naomi Scott), die sich gern unerkannt unters Volk mischt, um nicht völlig im Goldenen Käfig des Palastes zu versauern. Um sie wiederzusehen, lässt sich Aladdin auf ein Geschäft mit Jafar ein: Dieser beauftragt Aladdin, aus einer Höhle eine Wunderlampe zu stehlen. Wer an dieser reibt, weckt den darin lebenden Geist (Will Smith) und kann sich mit dessen Hilfe jeden, wirklich jeden, Wunsch erfüllen. Aladdin nutzt dies, um an Jasmin ran zu kommen. Jafar dagegen möchte mit Hilfe des Lampengeistes seinen Traum von der Weltherrschaft wahr werden lassen. Es folgt (ganz klar, denn das gehört sich so für ein handfestes Märchen) ein mörderischer Kampf zwischen Gut und Böse.
Das Ende der Story ist weithin bekannt. Doch die Inszenierung von Regisseur und Drehbuchmitautor Guy Ritchie („Bube, Dame, König, grAs“, „König Arthur“) ist derart rasant und sprüht nur so vor charmantem Witz und überraschenden Einfällen, dass man von dem Film vollkommen gebannt ist und das Geschehen regelrecht in sich aufsaugt.
Freilich: Man darf dem Disney-Konzern eine gewisse Einfallslosigkeit vorwerfen. Der Profit wird mehr und mehr mit der Zweitverwertung von Altbekanntem gesteigert. „Aladdin“ ist ja nun schon das -xte Realfilm-Remake eines Zeichentrick-Klassiker aus dem eigenen Haus. Seit Tim Burton 2010 die Kassen mit seinem Spielfilm nach dem Zeichentrickhit „Alice im Wunderland“ aus dem Jahr 1951 zum Klingeln gebracht hat, ist eine regelrechte Neuverfilmungsmaschinerie angeworfen worden. Jüngst erst war „Dumbo“ zu sehen, nun also „Aladdin“. Weiteres ist angekündigt. „Aladdin“ ist 1992 um die Welt gegangen, danach hat auch eine Theater-Musical-Version Furore gemacht. Nun also der Realfilm, der im Grunde beide bisherigen Versionen vereint. Und auch diese Verfilmung wird reichlich Gewinn einfahren. Denn bei all der üppigen Computertricktechnik, die dem Effektrausch der 27 Jahre alten Vorlage zumindest nahe kommen soll, hat der aktuelle Aladdin eine schöne Warmherzigkeit, der man sich nicht entziehen kann. Dazu gibt es ein paar behutsam dosierte neue Zutaten, beispielsweise in der Musik, so dass gar nicht erst der Eindruck aufkommt, eine Kopie serviert zu bekommen. Um sich zu langweilen, hat man einfach keine Zeit, denn es gibt zu viel Staunenswertes zu sehen und zu hören.
Und es gibt Will Smith. Er ist der wuselige, pfiffige, singende, tanzende, Action liebende Geist in und aus der Lampe! Zwar heißt der Film „Aladdin“, zwar rührt die herzige Liebesgeschichte um Prinzessin Jasmin und den Titelhelden bestimmt viele zu Tränen, aber der Star der Show ist Will Smith. Zunächst ist es durchaus gewöhnungsbedürftig den Hollywood-Haudegen („Men in Black“, „Der Prinz von Bel- Air“) blau eingefärbt zu sehen. Doch das verändert sich und verspielt sich auch rasch. Will Smith entfacht wirklich ein knisterndes komödiantisches Feuerwerk. Er fängt das Publikum mit Energie, Augenzwinkern und – das Entscheidende – Können ein. Es geht gar nicht anders: Als Zuschauer ist man an seiner Seite und bleibt da auch – bis zum Finale. Und holt sich damit das tolle Gefühl kindlicher Größe, schlauer zu sein als all die anderen, die da im knallbunten Kulissen-Arabien herumtollen. Das ist so, weil der Geist aus der Lampe an allen Fäden zieh. Er lässt die Puppen tanzen. Und wie! Ein, zwei Mal hält Will Smith da auch inne und zeigt eine schöne Würde. Spätestens dann wird klar, dass der so liebenswerte wie unberechenbare Typ für nichts anderes steht als das, was wir so gern Schicksal nennen.
Peter Claus
Alle Bilder: © Walt Disney Studios
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