Til Schweiger hasst die üblichen Pressevorführungen für Journalisten so einige Tage oder Wochen vor dem Start eines Films in den Kinos. Wenn es ihm gelingt, vermeidet er sie. Was ich – so hinderlich das für die Arbeit ist – durchaus verstehen kann, gerade bei Komödien. Da sitzt dann oft eine Meute neunmalkluger Kino-Experten, die Schmunzeln oder gar Lachen offenbar für eine ansteckende Krankheit halten, und die sofort, noch ehe der Abspann durchgelaufen ist, mit Daumen-hoch oder -runter-Verdikten ihr Punkte verteilen. Gähn! Ob es von „Kokowääh“ Pressevorführungen gab, weiß ich nicht. Ich habe mir den Film, der seit einer Woche in den Kinos läuft, in einer Nachmittagsvorstellung angesehen.

Konnte ich bei „Keinohrhasen“ vor allem über die entzückende Nora Tschirner schmunzeln, hatte ich bei „Zweiohrküken“ doch manchen Hänger. Und diesmal? Ich habe kräftig gelacht. Schweiger will als Regisseur, Hauptdarsteller und Mitautor des Drehbuchs die Kinogeschichte nicht aus den Angeln heben. Er will unterhalten. Das schafft er, besser noch als mit „Keinohrhasen“.

Til Schweiger spielt einen Serien-Schreiber-Fuzzi. Der soll (wir sind im Kino, nicht in der Realität!) zusammen mit seiner Ex-Freundin Katharina (Jasmin Gerat) einen Bestseller bearbeiten. Geld und Ruhm stehen in Aussicht, dummerweise aber auch die achtjährige Magdalena (Emma Schweiger) vor der Tür. Deren Mutter Charlotte (Meret Becker) hat mal kurz in New York zu tun und der Papa, der bisher gar nicht wusste, dass er dieser ist, muss nun in die Bütt. Der „arme“ Mann hat also gleich einiges auf einmal zu bewerkstelligen. Besonders trifft es Charlottes Angetrauten (Samuel Finzi). Der muss das Mann-Sein an sich neu definieren. Er dachte nämlich bisher, er sei Magdalenas leiblicher Vater. Kurz und knapp: Wann ist ein Mann ein Mann? Schweiger stellt die Grönemeyer-Frage. Beeindruckend dabei ist, dass Til Schweiger zwar auf Pointenjagd geht, den Ernst der Geschichte aber nicht auf Teufel-komm-raus jedem Kalauer opfert.

Drehbuchautor und Regisseur Til Schweiger setzt Schauspieler Til Schweiger durchweg ins rechte Licht. Wer hier anderes erwartet, liegt von vornherein schief. Schweiger hat Star-Power und die nutzt er aus. Richtig so. In der Flut gut gemeinten aber doch meist recht unglamourösen Kinos deutscher Bauart ist solch ein Bekenntnis zu Kintopp angenehm. Was soll man dagegen haben? Nichts. Stimmt. Tochter Emma Schweiger macht eine gute Figur an der Seite ihres Vaters. Zwar hat ihre Magdalena eine Präsenz, die wohl keine Achtjährige im wahren Leben hinkriegt, aber sie bezirzt einen mit derart viel Charme, dass man sich schnurrend von ihr um den kleinen Finger wickeln lässt. Aber: Theaterstar Samuel Finzi, in Berlin an Volksbühne und DT eine Institution, klaut allen die Show. Wie er das Dilemma eines Mannes zwischen gestrigem Machogehabe und heutigem Problembewusstsein spielt, das ist einfach umwerfend gut. Finzi nuschelt und nölt und macht alles, nur keine gute Figur, und greift einem ans Herz. Schauspieler, Drehbuch und Regie zeigen mit der Figur dieses Mannes absolute Klasse.

Schade, schade: ein, zwei Mal ärgert der Film mit völlig überflüssigen Momenten, in denen Randfiguren tölpelhaft einem zynischen Lachen preis gegeben werden, etwa Hartz-IV-Empfänger an einer Supermarkt-Kasse. Das ist so ärgerlich wie der dämliche Schicki-Micki-Titel des Films, der ja schon auf den Plakaten in Lautschrift erklärt werden muss. Ansonsten aber: Pluspunkte für Til Schweigers gute Laune machende Familienunterhaltung. Zugegeben: Ich fände es schon klasse, wenn er sich mal wieder an Anspruchsvollerem versuchte, wie vor vierzehn Jahren als Hauptdarsteller in dem Drama „Bastard“. Aber gut, er vermarktet sich derzeit lieber in Unterhaltsamem. Seine Sache. Muss man sich ja nicht angucken. Aber wenn, hat man Spaß, ohne Reue, denn hier geht Unterhaltung fast durchweg mit Anspruch zusammen.

Peter Claus

Kokowääh, Til Schweiger (Deutschland 2011)

Bilder: Warner