Unter Freunden des Dokumentarfilms hat der Name Miklós Gimes einen guten Klang. Vor Jahren hat der gebürtige Ungar, der seit seiner Kindheit in der Schweiz lebt, einen geistreichen und herzerwärmenden Essay über seine Eltern, vor allem die Mutter, gedreht und darin geschickt europäische Geschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gespiegelt. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an „Bad Boy Kummer“, in Deutschland erstaufgeführt im Januar beim Max-Ophüls-Festival in Saarbrücken.

Tom Kummer wurde berühmt-berüchtigt durch Betrug. In den 1990-er Jahren verkaufte er an Zeitungen und Hochglanzmagazine Interviews mit Superstars, die allesamt erfunden waren. Keines der Gespräche mit den Promis hatte je stattgefunden. Jetzt lebt er von professionellem Tennisspiel und -unterricht in den USA. Im Blick zurück nennt er sich selbst einen „bad boy“, einen „bösen Buben“. Das klingt kindisch. Womit vermutlich der Schlüssel zur Persönlichkeit Kummers gefunden ist: der Typ ist nie wirklich erwachsen und damit verantwortungsvoll geworden.

Das zeigt die Doku sehr genau. Mehr leider nicht. Miklós Gimes fragt zu selten nach, bohrt nicht, interessiert sich kaum für Hintergründe. Als Zuschauer ist man recht schnell ratlos, was einem die Doku überhaupt erzählen möchte. Es bleibt einem nur die Flucht ins Amüsement. Man schmunzelt ja gern, wenn einem mal wieder die Verlogenheit des Medienrummels vorgeführt wird. Das ist besonders spannend, wenn „Bad Boy Kummer“ und einstige (blauäugige?, skrupellose?) Auftraggeber vom Regisseur gegeneinander ausgespielt werden. Da hat sogar der Übeltäter gut lachen, wenn die verknöcherten Herren mit den wahrscheinlich nicht sonderlich weißen Westen auf Ehrenmänner machen.

Interessant am Stil des Films ist der Verzicht auf eine chronologische Gliederung. Miklós Gimes leistet es sich thematisch und zeitlich zu springen. Damit zwingt er den Zuschauer zu Konzentration und zu Stellungnahme.

Peter Claus

Bad Boy Kummer, Miklós Gimes (Schweiz 2010)

Bilder: W-Film