Das Musical „Burlesque“ hat uns vor nicht allzu langer Zeit die Kunst der gleichnamigen Shows nahe gebracht. Dank Cher und Stanley Tucci in zwei der Hauptrollen war das durchaus vergnüglich, wenn auch kein ganz großer Wurf. Und nun ein Nachschlag aus Frankreich? – Ja und Nein.
Mathieu Amalric, auch hier Schauspieler und Regisseur, belässt es nicht beim Blick auf die exotische Welt hinter den Kulissen. Er guckt in die Seele der Show und damit in die Seelen der Protagonisten. Er verkörpert den abgefuckten TV-Produzenten Joachim Zand. In den USA will er neu anfangen. Frau und Kinder stören dabei nur, also hat er sie verlassen. Mit einer Burlesque-Show hat er einigen Erfolg. Und schon träumt er vom Triumph daheim. Mit den Stripperinnen und seinem Star Mimi Le Meaux (Miranda Colclasure) will er erst die Provinz erobern, dann Paris. Doch ein Gauner im Geschäft vermasselt die Tour. JZ muss also kämpfen. Bald geht es für ihn dabei wirklich um Leben und Tod.
Showglanz und Tristesse des Tingelns durchs Niemandsland – all das wird detailreich gezeigt. Alles ist Schein. Das Dasein hat nichts wirklich Glanzvolles. Und doch brennen alle Beteiligten dafür. Interessant: Die große Authentizität des Films resultiert sicher auch daraus, dass viele der mitwirkenden Ladies tatsächliche Burlesque-Künstlerinnen sind. Die wissen, was sie vorführen – in den Shows und in diesem Film. Kein Wunder also, dass manche Szenen recht dokumentarisch anmuten.
Mathieu Amalric glänzt in der Rolle des JZ. Jedes Klischee vermeidend, zeigt er einen Mann, der Idiot und Superhirn in einem ist, auch Aas und liebenswerter Loser. Manchmal möchte man ihm im gleichen Moment eine Ohrfeige verpassen und ihn tröstend in den Arm nehmen. „Tournée“ fasziniert als Show und als Drama mit herrlich komödiantischem Einschlag – im besten Sinn verrückt.
Peter Claus
Tournée, Mathieu Amalric (Frankreich 2011)
Bilder: Farbfilm
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