Das Kino entdeckt die Alten. Klar: Sie machen einen Großteil der potentiellen Kundschaft aus. Und nicht wenige von ihnen sind alles andere als knapp bei Kasse. Allerdings: Die guten Filme zum Thema Altwerden sind für ein junges Publikum genauso attraktiv. Schließlich stellt sich die Frage, wie die späten Jahre leicht und unbeschwert zu bewältigen sind, jeder und jedem. Und genau darum geht’s in diesem Fall. Stichwort: Wohngemeinschaft. Viele träumen davon. Nicht selten wird daraus ein Alptraum. Aber mit Witz und Charme kann es klappen, wie in dieser wohl temperierten Komödie.

In „The Best Exotic Marigold Hotel“ zog es eine Handvoll Privatiers ins ferne Indien. Die Ehepaare Jeanne (Jane Fonda) und Albert (Pierre Richard), Annie (Geraldine Chaplin) und Jean (Guy Bedos) und dazu Witwer Claude (Claude Rich), Freunde seit Jahrzehnten, bleiben in Frankreich. Wozu in die Ferne schweifen? Probleme gibt’s auch hier genug! Die werden heftig, als Claude von seiner Familie in ein Heim abgeschoben werden soll. Seine Freunde verhindern das. Annie und Jean nehmen ihn auf. Was Jeanne und Albert auf den Plan ruft. Tatkräftig gehen sie die WG-Gründung an. Der junge Deutsche Dirk (Daniel Brühl), der das Projekt zunächst allein mit akademischem Interesse für sein Soziologiestudium begleitet, wird mehr und mehr zum „Mädchen für alles“. So leicht, wie das Vorhaben zunächst in die Tat umgesetzt werden kann, so beschwerlich jedoch ist der Weg zu einem wirklich harmonischen Miteinander. Vergesslichkeiten, Zipperlein und ernsthafte Erkrankungen, auch Missgunst und Eifersüchteleien, über Jahrzehnte in aller Freundschaft versteckt, brechen sich Bahn. Dirk muss die Ärmel kräftig hochkrempeln. Das Quintett ist gezwungen, Leben neu zu lernen.

Als erstes locken die berühmten Schauspieler ins Kino. Absolut zurückhaltend agierend, gelingt es den Stars, ernst zu nehmende Charakterstudien zu entwickeln. Natürlich: Die Geschichte wird komödiantisch erzählt, geht nicht immer in die Tiefe. Doch blanke Oberflächlichkeit wird durch die Akteure verhindert. Regisseur Stephane Robelin hat die Sechs klug und sensibel geführt und mit ihnen das von ihm selbst geschriebene Drehbuch nahezu perfekt umgesetzt. Die an emotionalen Momenten reiche Geschichte wird angenehm unaufgeregt und betont langsam erzählt, was aber nie in Langeweile abgleitet. Ob Liebesleid und -lust oder Krankheit und Tod – viele Aspekte des Daseins, die bekanntlich völlig altersunabhängig sind, werden warmherzig aber fern von Kitsch und mit Lust am Fabulieren ohne Kalauer beleuchtet. Das Schönste daran ist, dass kein Moment lächerlich wirkt, in keinem Augenblick eine der Figuren denunziert wird. Dabei gibt es jede Menge zu lachen. Dazu reizt vor allem der von Pierre Richard mit launiger Tapsigkeit gespielte Albert, der gern mal dieses vergisst und jenes nicht wahr haben will, vor allem nicht das Alter.

Im Kreis der internationalen Berühmtheiten behauptet sich Daniel Brühl nicht nur tapfer, er bietet sogar eine seiner bisher reifsten Darstellungen. Auch er spielt erfrischend zurückhaltend und durchweg mit Augenzwinkern. In einigen sehr verhaltenen, melancholisch angehauchten Szenen mit Jane Fonda gelingt es ihm, den jungen Mann zur Schlüsselfigur der Geschichte reifen zu lassen. Diese wird dadurch nicht nur für schon ältere Kinobesucher interessant und spannend. Die Auseinandersetzung mit der Frage, wie es sich einrichten lässt, dass auch die späten Jahre glückliche werden können, sollte schließlich immer möglichst früh beginnen. An einem lässt der Film diesbezüglich keine Zweifel: wichtigste Voraussetzung für gutes Gelingen ist der Mut zur Selbstironie. Da können sich wohl die meisten von uns von den Protagonisten einiges abgucken.

Peter Claus

Und wenn wir alle zusammenziehen?, von Stéphane Robelin (Frankreich/ Deutschland 2012)

Bilder: Pandora