Die schönsten Liebesgeschichten im Kino (in der Literatur, in der Musik… ) sind bekanntlich Liebeskummergeschichten. Genau eine solche erleben wir nun mit Juliette und Roméo. Allerdings hat der Kummer bei ihnen seine Ursache nicht in Kindisch-Kitschigem, wie es gerade das Kino oft zelebriert, sondern in wirklich Schrecklichem: Söhnchen Adam verhält sich seltsam, ist offenbar schwer krank. Die auf allem lastende Frage: Kann das Dasein im Schatten drohenden Todes noch schöne Momente haben?

In einem verblüffenden Mix von Drama und Komödie, Dokumentar- und Videoclip-Stil erzählt das Autoren- und Regieduo Jérémie Elkaim und Valérie Donzelli, die Beide auch in den Hauptrollen agieren, die autobiographisch gefärbte Geschichte. Sie beginnt in einem wahren Rausch des Glücklichseins. Die Zwei, deren Namen nicht zufällig an Shakespeares unsterbliches Paar Romeo und Julia erinnern, schweben auf den Wolken der Verliebtheit. Traumhaft schöne Bilder illustrieren das. Der Sohn komplettiert das Glück. Doch das Kind kränkelt oft. Schließlich stellt sich heraus, dass der Kleine einen Tumor im Kopf hat. Eine Operation ist unumgänglich. Ob die aber wirkliche Heilung bringt, ist fraglich. Juliette und Roméo sind überfordert. Die Liebe zu ihrem Kind und zueinander reicht nicht wirklich aus, um die schwierige Situation souverän zu meistern. Es ist mehr als ungewiss, ob der Familie eine gute Zukunft ins Haus steht. Andererseits soll die Liebe ja bekanntlich Berge versetzen können. Und keine Liebe ist wohl stärker als die zum eigenen Kind!

Interessanterweise gelingt es, die alles andere als komische Erzählung in einer verblüffenden Balance von Humor und Ernst zu halten. Stilistisch irritiert das gelegentlich, etwa wenn eine rasante Videoclip-Ästhetik die Oberhand gewinnt. Entscheidend aber ist der genaue Blick auf den Alltag eines Paares, der alles andere als alltäglich verläuft, der immer wieder von Momenten großen Schmerzes, von Angst, von Ungewissheit, belastet wird. Doch gezeigt wird auch, dass trotz allen Kummers unbeschwerte Momente möglich sind.

In der Reihe von melancholisch grundierten Komödien von einigem Gewicht, wie etwa „Ziemlich beste Freunde“ oder „Best Exotic Marigold Hotel“, nimmt dieser Film durch seinen Mut, sich wirklich existenziellen Fragen zu stellen, eine Sonderstellung ein. Kein Meisterwerk. Formal wird da gelegentlich ein Purzelbaum zuviel geschlagen. Trotzdem: sehenswert – auch und gerade, da am Ende trotz allem Schrecken Hoffnung aufscheint, und weil auch dies ohne jeden Hauch von Sentimentalität geschieht.

Peter Claus

Das Leben gehört uns, von Jérémie Elkaim und Valérie Donzelli (Frankreich 2011)

Bilder: Prokino