In „Il Postino“, „Der Postmann“, wurde Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda vor mehr als 20 Jahren ein liebesvolles Denkmal gesetzt, als Gentleman, vom Schlag „Guter Onkel“, der dem Postboten in der Provinz-Idylle die Welt durch die Kunst näher bringt.

Nichts davon jetzt in dem Spielfilm, den Regisseur Pablo Larraín schon vor seinem Hollywood-Debüt „Jackie“ in seiner Heimat gedreht hat. Neruda wird vom Sockel geholt. Aber er wird nicht denunziert. Der Blick auf das Jahr 1946, da ihm, dem kommunistischen Abgeordneten die Immunität entzogen wird, weil er den Mächtigen zu frech geworden ist, und der nun vor einem eifrigen Polizisten fliehen muss, zeigt den berühmten Mann, ja, als Kämpfer für die Rechte der kleinen Leute – doch auch als einen, der froh war, selbst nicht zu „denen da unten“ zu gehören. Neruda wird als Salon-Kommunist gezeigt, als Lebemann barocker Lust, der vor allem eines liebt, sich selbst.

Das ist Krimi, Groteske, Milieustudie, Historienbild und große Oper, sehr intelligent gestrickt die Fabel, die eine witzige Pointe hat, sehr gut gespielt, in wunderbar opulente Bilder gefasst, ein reines Vergnügen. Fellini scheint manchmal um die Ecke zu blinzeln.

Der Film – ein stimmiger Verweis auf die Gegenwart in der so genannten westlichen Welt –zeigt deutlich, wie wichtig Bildung ist, damit Volksverhetzer, heute gern als Populisten bezeichnet, keine Chance haben, und welche Gefahren es in sich birgt, wenn eine Gesellschaft politisch nach rechts außen abdriftet. Und es wird klar: Es sind Kleinigkeiten, mit denen der Einzelne gegen eine zunehmende Verrohung vorgehen kann: Freundlichkeit, gelebte Toleranz, Weltoffenheit. Insofern ist es auch ein Film der Mut macht.

Peter Claus

Bilder: © Piffl Medien

Neruda, von Pablo Larraín (Chile)