Kenner von DEFA-Filmen erinnern zweifellos das Debüt der Schauspielerin Ulrike Krumbiegel in Bodo Fürneisens „Komm mit mir nach Chicago“, 1982 herausgekommen. Die junge Schauspielerin wirkte schon damals zugleich zart und rabiat, naiv und weise, konnte im selben Moment Introvertiertheit und Über-sich-hinaus-Wachsen zeigen. Das ist ihr geblieben. Sie hat’s in vielen Kino- und Fernsehfilmen gezeigt. Großes konnte sie am Theater leisten, insbesondere am Deutschen Theater Berlin. Endlich ist sie wieder einmal in der Hauptrolle eines Kinofilms zu sehen – als ziemlich biestige Ärztin Annebärbel, die dann, später, auf dem Eis auftaut, als Eisläuferin.

Im Zentrum des Films steht zunächst eine gruselig fest betonierte Mutter-Tochter-Beziehung: Annebärbel, Ende 50, wird von ihrer betagten Mama Irene (Annekathrin Bürger) schlicht und einfach unentwegt kujoniert. Krumbiegel offenbart hier die innere Schwäche der nach außen stets stahlhart auftretenden Frau in Blicken, Gesten, in Schweigen. Und dann zeigt sie deren Erblühen. Zu danken ist es dem Mut der Figur, zu versuchen, sich ihren Kindheitstraum vom fast schwerelosen Gleiten über das Eis zu erfüllen. Und auch das zeigt die Schauspielerin mit feinen Mitteln.

Die Story, in der auch eine einstige Eiskunstlauf-Weltmeisterin ihren Einsatz hat, ist nicht das Wesentliche. Es ist die Ausstrahlung der Hauptdarstellerin. Man folgt ihr gern, lässt sich ob ihrer Kunst lustvoll auf die Charakterstudie ein, obwohl die Figur anfangs von Drehbuch und Regie doch arg einseitig als verhärmt, hart und abweisend gezeigt wird. . Das fein gezeichnete Porträt  einer Frau, die sich völlig neu erfindet, greift ans Herz und lässt einen auch Schmunzeln. Ulrike Krumbiegel als Annebärbel begeistert.

Peter Claus

Bilder: © Farbfilm Verleih

Die Anfängerin, von Alexandra Sell (Deutschland 2017)