Gutbürgerliche Zerstreuung bietet diese Komödie. Als erstes locken die englischen Schauspielstars Maggie Smith, Judie Dench und Tom Wilkinson und der Name des Regisseurs, John Madden. Sein „Shakespeare in Love“ gehört ja zu den schönsten cineastischen Bonbons der letzten Jahre. Die Erwartungen sind also hoch. Sie werden erfüllt.

Erzählt wird von einigen älteren Herrschaften. Sie folgen einer Internetofferte, die ihnen in schillernden Farben die perfekte, luxuriöse und erschwingliche Altersresidenz in Indien verspricht. Vor Ort sieht es dann nicht mehr so rosig aus wie in der Werbung. Doch die Damen und Herren geben nicht klein bei. Sie raffen die Röcke, krempeln die Ärmel hoch – und entdecken nicht nur sich selbst völlig neu.

Gelegentlich wird das Märchen brüllend komisch, doch es überwiegt leiser Humor. Besonders delikat sind die Momente der Melancholie angesichts der Unausweichlichkeit von verschiedenen Schattenseiten, die das Alter zwangsläufig mit sich bringt, Tod inklusive. John Madden gibt der farbenfrohen Bestsellerverfilmung einige wohl gesetzte Momente in Moll, die das turbulente Geschehen erst recht zum Leuchten bringen. Seine feinsinnige Inszenierung, die Herzensgüte und Intelligenz viel Raum schenkt, besticht mit der Eleganz des klassischen Erzählkinos von Hollywood-Format im besten Sinn. Das von dem Star-Trio angeführte internationale Schauspielensemble nimmt die Zuschauer von Anfang an augenzwinkernd an die Hand und reißt sie unaufhaltsam mit. Dabei wird kein Zweifel daran gelassen, dass hier nicht pur Realität gespiegelt wird. Zwar wird die soziale Wirklichkeit in Indien keineswegs ausgeblendet. Doch das Wesentliche sind die meist weich gezeichneten Porträts der Protagonisten, die in späten Jahren ein ganz junges Leben für sich entdecken.

Gewicht bekommt die durchweg überzeugende Geschichte durch das ganz nebenbei aufscheinende Plädoyer für Offenheit gegenüber Fremden. Wie leicht das geschieht, zeigt Folgendes: Am Anfang schimpft die von Maggie Smith mit herrlich trockener Schnoddrigkeit gespielte Muriel, sie werde niemals etwas essen, dessen Name sie nicht aussprechen könne, und gibt damit ihrem Misstrauen gegenüber allem ihr Unbekannten Ausdruck. Später frönt sie nicht nur einer geradezu enthemmten kulinarischen Lust, sondern zeigt auch in manchem Lächeln und Augenzwinkern, wie weit sie sich Neuem doch noch öffnen kann. Da wird aufs Schönste klar, dass es nie zu spät ist, ein bisschen klüger und zu werden. Da, endlich, darf es sogar romantisch werden und Amor kommt zum Einsatz. Tröstliche Botschaft: Alt-Werden kann auch Spaß machen. Nun ja, ein Märchen halt.

Peter Claus

Best Exotic Marigold Hotel, von John Madden (Großbritannien 2011)

Bilder: Fox