Der kleine Film gehört zu den Entdeckungen im Vorjahr auf dem Festival in Locarno.

Regisseurin Mia Hansen-Løve entwirft ein Drama um die Liebe, das sehr um Realitätsnähe bemüht ist. Das ist sympathisch. Die Wirkung allerdings leidet darunter ein wenig. Kino funktioniert nun einmal besonders dann gut, wenn es etwas bietet, das bigger than life ist.

Interessant ist die Art der Erzählung: die Geschichte wird aus einem Puzzle entwickelt, mutet manchmal geradezu frei assoziiert an. Da haben wir Camille (Lola Créton). Gerade mal 15 Jahre zählt ihr Leben. Sullivan (Sebastian Urzendowsky) ist nur vier Jahre älter. Sie ist ihm total verfallen, gibt sich geradezu auf. Er bleibt ihr, aber vor allem sich treu. Und er geht. Er geht weit weg. Sie hält es kaum aus. Was soll werden? Einige Jahre danach ist eine Studentin aus Camille geworden. Und wieder hat sie eine Liebe. Diesmal zu dem Dozenten Lorenz (Magne-Havard Brekke). Da erscheint Sullivan wieder auf der Bildfläche. Gibt es ein Zurück?

Das Verrückte, das Einmalige, einer Jugendliebe wird auf frappierende Weise eingefangen. Später dann überzeugt der Film nicht mehr so. Was am Anfang der Geschichte durch genaue Dialoge und eine kluge Umsetzung von Begehren in Bilder lebensecht anmutet, wirkt später konstruiert. Mag sein, dass die Regisseurin das beabsichtigt hat, um so das schleichende Grau des Erwachsenwerdens zu verdeutlichen. Doch stellt das die Geduld des Publikums schon auf eine ziemliche Probe.

Die Schauspieler retten einen aber über Hänger hinweg. Vor allem Sebastian Urzendowsky fesselt mit einer schönen „Verrücktheit“. In einer Schlüsselszene gen Ende zeigt er damit Glück und Einsamkeit und Angst und Freude, Liebe und Hass in einem Moment. Da ist man denn doch sehr angerührt.

Peter Claus

Un amour de jeunesse, von Mia Hansen-Løve (Frankreich 2011)

Bilder: Peripher