Ein Thriller von Regisseur Steven Soderbergh. Da darf einiges erwartet werden. Der Name steht für Qualität, selbst wenn es sich um reine Kommerzprodukte handelt. Und tatsächlich: Inszenierung und Schauspiel sind bestechend, die Story hat weitestgehend Hand und Fuß. Gediegene Unterhaltung ist angesagt.

Die Story darf lediglich skizziert werden: Psychologe Dr. Jonathan Banks (Jude Law) übernimmt die Betreuung von Emily Taylor (Rooney Mara) nachdem sie in einer Tiefgarage mit ihrem Wagen offensichtlich einen Suizidversuch unternommen hat. Die junge Frau erscheint ihm schwer depressiv. Sie zeigt auch keine Besserung nach der Entlassung ihres Mannes Martin (Channing Tatum) aus der Haft. Er saß wegen eines Wirtschaftsverbrechens ein. Die zwei Männer versuchen alles, um Emily wieder aufzurichten. Der Psychologe kontaktiert sogar ihre frühere Ärztin (Catherine Zeta-Jones). Auf deren Anregung hin verschreibt er voller Hoffnung ein gerade erst auf den Markt gekommenes Psychopharmaka. Das aber hat Nebenwirkungen mit zahlreichen Folgen, die das Schicksal aller Beteiligten in mörderischem Maße prägen.

Hier ist auf den zweiten Blick nichts wie es auf den jeweils ersten erscheint. Zwischen Gut und Böse gibt es keinerlei Trennung. Soderbergh spielt lustvoll mit zwielichtigen Charakteren, undurchschaubaren Situationen und den Abgründen des menschlichen Seins. Gelegentlich schlägt die Logik dabei Purzelbaum. Das nimmt man gelassen hin, denn die Spannung ist groß. Aber: Steven Soderbergh folgt seinem offenkundigen Vorbild Alfred Hitchcock ausgerechnet mit einem fatalen Kniff aus dessen Film „Stage Fright“ („Die rote Lola“/ 1950): Zum Auftakt der Erzählung wird das Publikum mit einer handfesten Lüge bewusst auf eine falsche Fährte gelotst. Hitchcock selbst hat das im Gespräch mit Truffaut im Interview-Buch „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ sehr bereut. Er kam zu der Einsicht, dass es immer klüger ist, dem Publikum das Gefühl zu geben, schlauer als die Filmfiguren zu sein. Schade, dass Soderbergh dem berühmten Vorbild da nicht folgt. Drum verlässt man das Kino ein wenig vergnatzt. Man hat das Gefühl, ein wenig für dumm verkauft worden zu sein. Schade.

Trotzdem ragt der Film mit seiner gestalterischen Klasse aus dem Durchschnittsangebot heraus. Was auch dem erstklassigen Schauspieler-Ensemble zu danken ist, allen voran Jude Law. Seine Präsenz vor allem sorgt dafür, dass der sozialkritische Hintergrund der Story, die unendliche Profitgier der Pharmaindustrie, nicht zu kurz kommt. Neben ihm beweist Rooney Mara nach „Verblendung“ erneut ihre große Wandlungsfähigkeit. Auch sie führt das Publikum aufs Glatteis. Ihr folgt man dabei allerdings mit außerordentlichem Vergnügen an einer schön schaurigen Gänsehaut.

Peter Claus

Side Effects, von Steven Soderbergh (USA 2013)

Bilder: Senator Film