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Vielen BesucherInnen der vorjährigen Berlinale steckt noch der staubtrockene Pseudo-Western „Gold“ in den Knochen. Der lief 2013 im Wettbewerb des Filmfestivals. Andreas Prochaskas Alpen-Western „Das finstere Tal“ wurde in diesem Jahr als Berlinale-Special in einer Gala gezeigt, hätte dem oft doch recht drögen Wettbewerb allerdings sehr viel besser getan denn „Gold“ im Vorjahr.

Dem österreichischen Regisseur Andreas Prochaska, der den Film mit Produzenten aus seinem Heimatland und aus Deutschland gestemmt hat, ist ein nahezu lupenreiner Genrefilm gelungen. Nur gen Ende gibt es ein, zwei Ausrutscher in Richtung Parodie. Die sind missglückt. Die vergisst man schnell. Die stören nicht weiter. Großes Vergnügen.

Die Story ist angemessen holzschnittartig: Ende des 19. Jahrhunderts kommt ein Fremder (Sam Riley) samt Pferd und Maultier in ein Alpen-Hochtal, dorthin, wo sich nicht einmal mehr Fuchs und Hase „Gute Nacht!“ sagen. Der Mann namens Greider bittet die Dörfler um Übernachtung und bekommt sie. Da ein bisschen Geld winkt, stellen sie eine Schlafstatt gern zur Verfügung. – Perfekte Idylle? Nix da. Die Natur schlägt zu, und das Böse auch, es gibt Tote, und schnell macht die Runde, dass ein altes böses Geheimnis, das die Dörfler mürrisch hüten, hinter dem Schrecken steckt. Und es kann ja wohl auch kein Zufall sein, dass es Tal_320ausgerechnet dann ungemütlich wird, wenn ein Fremder das gewohnte Miteinander stört… Klar also: es ist einiges an Action zu erwarten.

Schon der Auftakt ist mitreißend: Andreas Prochaska zeigt den Ritt des Fremden über die unwirtlichen Pässe und Wege im auch nicht gerade anheimelnden Herbst, begleitet von einem Spiritual, deutlich als Reise ins Dunkle dieser Welt. Wenn dann auch noch (sehr schnell) der knorrige Winter das Tal mit Schnee und Eis an den Rand der Leichenstarre bringt, ist atmosphärisch alles bestens für einen Edel-Western eingerichtet. Schön ist hier nichts, weder die Natur, noch der einzelne Mensch. Leben heißt hier Überleben. Prochaska zeigt das alles in Bildern. Worte macht er wenig. Aber rasch ist klar: der Fremde ist gekommen, um diese Welt, die eine des Schreckens ist, besser zu machen. Dazu muss mancher alte Zopf abgeschnitten werden, und es müssen auch Köpfe rollen. Mord und Rache geben den Ton an. Die so oft verklärte so genannte Gründerzeit wird hier als Zeit der Furcht deutlich, auch als eine Endzeit. Schön ist das Ende nicht. Es wird oft in Zeitlupen gezeigt. Das Sterben des Alten ist mühevoll, voller Schmerzen, manchmal auch ungerecht.

Wer mag, kann angesichts des Films ausschweifend über Werden und Vergehen nachdenken. Man kann sich aber auch genüsslich zurücklehnen, sich an Gary Cooper erinnern und an John Wayne an Ballermann-Balladen von Hawks und Ford und Peckinpah. Und man kann sich an den Akteuren freuen, allen voran Sam Riley. Er hat ja schon oft begeistert, hat uns etwa 2010 in „Brighton Rock“ vortrefflich das Gruseln gelehrt. Hier nun lehrt er uns mit nuanciertem Spiel, dass die Zeit der harten Männer zwar vorbei ist, eine Regel aber noch immer gilt: Trau keinem Kerl, der grundlos ein Lächeln verschenkt…

Peter Claus

Das finstere Tal, von Andreas Prochas (Deutschland/ Österreich 2013)

Bilder: X Verleih (Warner)